Textatelier
BLOG vom: 25.10.2018

Zucker und warum wir ihn lieben

Autorin: Claudia Meyer, Ernährungstrainerin, Gütersloh D

 


 
Zucker ist nicht gleich Zucker

Wer an Zucker denkt, hat meist den ganz normalen Haushaltszucker vor Augen, der das Leben auf so vielfältige Weise versüssen kann. Ob im Cappuccino oder Kuchen oder in der Schokolade.
Es ist der süsse Geschmack des Zuckers, der guttut und für Wohlgefühl sorgt. Dieser Geschmack war die erste wichtige Erfahrung, die der Mensch in der Geborgenheit des süss schmeckenden Fruchtwassers gemacht hat und seine Vorliebe für süss prägte. Diese Vorliebe hat sich mit der Muttermilch fortgesetzt, denn auch sie schmeckt wohltuend süss. Daher ist es der süsse Geschmack, der Stabilität und Sicherheit vermittelt.

Und auch der Körper braucht Zucker. Er ist für seine Zellen der wichtigste Treibstoff, den der Darm aus kohlenhydratreichem Getreide, Obst und Gemüse bezieht und in Traubenzucker, die sogenannte Glukose umwandelt. Glukose kommt in der Natur nicht vor, ist aber der Zucker, der von den Zellen bevorzugt verarbeitet wird. Vor allem das Gehirn beansprucht mit rund 66 Prozent einen Grossteil des täglichen Bedarfs für seine Denkprozesse. Zudem bestimmt Glukose den Blutzuckerspiegel.

Die natürlichen Kohlenhydratquellen sind für den Körper genau die Richtigen. Denn sie enthalten all die Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, die er braucht, um sie zu verstoffwechseln. Sie produzieren weder unnötige Säuren noch gefährden sie die guten Darmbakterien.

Ganz normaler Haushaltszucker ist nährstoffarm. Er produziert nicht nur unnötige Säuren, raubt körpereigene Vitamine und Mineralstoffe, sondern hat sich noch viele andere schlechte Eigenschaften einfallen lassen:

Zucker macht unzufrieden

Zucker braucht einen Schlüssel, um in die Zellen zu gelangen. Dieser Schlüssel ist das Hormon Insulin, das von der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Zugleich ist die Bauchspeicheldrüse auch dafür verantwortlich, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Wird normaler Zucker aufgenommen, wird er unversehens in Glukose umgewandelt, da er an keine Ballaststoffe und Nährstoffe gebunden ist und dringt daher viel zu schnell ins Blut ein. Um der Glukoseflut gerecht zu werden, überhäuft die Bauchspeicheldrüse das Blut mit einer übermässig hohen Insulinausschüttung, um die Glukose möglichst schnell in die Zellen zu befördern. Folglich fehlt die Glukose schon bald im Blut, sodass auch den Zellen nach kurzer Zeit ihr Treibstoff fehlt. Sie unterzuckern und mit ihnen fühlt sich auch der Mensch müde und erschöpft und hat Heisshunger auf mehr Süsses.

Zucker macht dick

Folgt eine Glukoseflut der nächsten, reagieren die Zellen immer weniger auf das Insulin. Dies versucht die Bauchspeicheldrüse mit einer vermehrten Insulinausschüttung auszugleichen, was zu einer erhöhten Fettspeicherung und zu Übergewicht führt. Denn durch das ständige Auf und Ab des Blutzuckerspiegels wird auch die Bildung des Fettgewebes stimuliert. Zudem erhöhen sich auch die Blutfette, sodass das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen steigt.

Zucker fördert Diabetes

Ist die Bauchspeicheldrüse durch ihre permanenten Ausgleichsbemühungen ständig überfordert, entsteht Diabetes Typ 2. Bei dieser Stoffwechselkrankheit sind die Zellen resistent gegen das Insulin geworden, sodass es nicht mehr ausreichend wirken kann.  Diabetes Typ 2 gehört zu den Erkrankungen, die in der westlichen Zivilisation am schnellsten zunehmen. Auch immer mehr junge Menschen und Kinder leiden an dieser Lifestyle-Diabetes.

Zucker schädigt den Darm

Zucker ist die Lieblingsspeise der schlechten Darmbakterien, sodass sie sich vermehren und die guten Darmbakterien verdrängen. Hierdurch wird die Immunabwehr beeinträchtigt und die Lust auf Zucker gesteigert. Denn auch die Darmbakterien bestimmen mit, welche Lebensmittel in den Einkaufswagen gelegt werden. Die schlechten führen den Menschen zu den Dickmachern und die guten zu den gesunden Schlankmachern.

Zucker macht alt

Zu viel Zucker führt zu vorzeitiger Alterung, denn er hat die Eigenschaft, bestimmte Eiweisse zu schädigen und führt daher zu vermehrter Faltenbildung, erhärteten Arterien, Gedächtnisstörungen und steifen Gelenken.

Fruchtzucker macht besonders leicht dick und krank

Zucker, der lebenswichtige Nährstoffe verbraucht, unzufrieden, dick, krank und alt macht, ist ein schlechter Freund. Es ist der Zucker, der zu knapp 80 Prozent aus verarbeiteten Lebensmitteln stammt, ohne dass er bewusst wahrgenommen wird. Er ist vor allem in herkömmlichen Fertigprodukten wie Dressings, Tiefkühlpizzen, Fertigsuppen, Tomatenketchup sowie in Essiggurken, Wurst, Brot, Müslis, Cornflakes und Crispies versteckt. Und ebenso in Fruchtjoghurt, Marmeladen, Obstkonserven, Schokocremes, Desserts, Kuchen, Keksen, Milchschnitten und anderen Süssigkeiten sowie in Limonaden, Fitness- und Kakaogetränken.

Insbesondere die Fruktose, der Fruchtzucker, ist der Zucker, den die Industrie bevorzugt verarbeitet und auch der Zucker, der sich mit äusserst unrühmlichen Eigenschaften hervortut. Er wurde lange Zeit als gesunde Süsse für Diabetiker empfohlen, weil er kein Insulin benötigt, um aufgenommen zu werden, und wird heute oft mit der Bezeichnung „nur mit Fruchtsüsse“ beworben. Für die Industrie ist Fruchtzucker deshalb so interessant, weil er kostengünstig aus Maissirup oder Zuckerrüben gewonnen werden kann, sehr viel süsser als der ganz normale Zucker schmeckt und zudem noch geschmacksverstärkend wirkt. Und das sind die unrühmlichen Eigenschaften des Fruchtzuckers:

Fruchtzucker wird schnell in Fett umgewandelt

Fruchtzucker wird sehr viel schneller in Fett umgewandelt, als dieses bei allen anderen Zuckerformen der Fall ist. Der Grund liegt in ihrer unterschiedlichen Aufnahme. Fruchtzucker gelangt nur langsam ins Blut. Diese langsame Aufnahme bekommt auch der Darm zu spüren, weil der Fruchtzucker hierdurch nie ganz vollständig ans Blut weitergegeben werden kann und von den schlechten Bakterien freudig aufgefuttert wird. Hierdurch schädigt er das Darmmilieu, produziert Säuren und verursacht Blähungen und andere Beschwerden. Hinzu kommt, dass ein Zuviel an Fruchtzucker die Leber belastet, welches dann Schritt für Schritt zu einer nichtalkoholischen Fettleber führt. Zudem gelangt ein Teil des Fettes zurück ins Blut, erhöht die Blutfettwerte und lagert sich auch zwischen allen anderen im Bauchraum befindlichen Organen ab. Und dieses Bauchfett belastet den Körper erheblich, denn es schränkt die Organe in ihrer Funktion ein, produziert die Hormone, die noch dicker machen, und erhöht das Risiko für Diabetes. Überdies fördert Fruchtzucker Bluthochdruck und Gicht.

Fruchtzucker macht hungrig

Fruchtzucker sorgt nicht für Sättigung und Wohlbefinden, wie es der normale Zucker kann, da er keine Insulinausschüttung hervorruft. Jedoch gehört Insulin zum Sattsein dazu, weil es das Sättigungsgefühl auslöst. Ausserdem blockiert Fruchtzucker das Sättigungshormon Leptin. Leptin wird in den Fettzellen gebildet und teilt dem Gehirn mit, wenn die Fettdepots ausreichend gefüllt sind.

Fruchtzucker in Obst in Gemüse ist gesund

Dass Fruchtzucker ungesund wird, schafft nur die Industrie. In Obst und Gemüse ist er gesund, denn in dieser Form ist er echt, weil er hier zusammen mit den Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen in einem natürlichen Verbund vorliegt. Hierdurch tritt die Sättigung rechtzeitig ein und es wird nicht mehr gegessen, als guttut. Auch Trockenfrüchte sind gesund, jedoch nur in kleinen Mengen. Denn durch den Trocknungsprozess besitzen sie neben den vielen guten Dingen aus den frischen Früchten (mit Ausnahme von Vitamin C) auch deren Fruchtzucker in geballter Form.

Problematisch sind nur Obstsäfte und ganz besonders Dicksäfte. Sie enthalten nicht nur besonders hohe Fruchtzuckermengen, sondern ihnen fehlen auch die Ballaststoffe. Übermässig viel Fruchtzucker ist vor allem in Apfel- und Birnendicksaft sowie in Agavensirup zu finden. Zudem besitzt auch Honig recht viel Fruchtzucker und sollte daher nur sparsam verwendet werden.

Zucker hat viele Namen

Zucker in weiterverarbeiteten Lebensmitteln hat viele Namen. Er wird auch Fruchtsüsse, Maisstärkesirup, Isoglukose oder Glukosesirup genannt. Weitere Namen sind Maltodextrin, Invertzucker, Dextrose, Isomalt, Sorbit, Mannit, Süssmolkenpulver oder Saccharose.

Die Industrie ist clever und bedient sich dieser unterschiedlichen Zuckerarten, um den wirklichen Zuckergehalt zu verbergen. Denn durch das geschickte Aufteilen des Gesamtzuckergehaltes erscheint die wahre Zuckermenge verschwindend klein. Aber auch der Aufdruck „ohne Zusatz von Zucker – nur mit Apfeldicksaft gesüsst“ ist irreführend, da dieser ziemlich viel Fruchtzucker besitzt. Ebenso dürfen Produkte als „ungesüsst“ oder „ohne Zuckerzusatz“ gekennzeichnet werden, wenn sie Süssstoffe oder Zuckeraustauschstoffe enthalten. Das kann insbesondere für einen schwachen Darm sehr belastend sein. Denn der Zuckeraustauschstoff Sorbit z. B. verstärkt die unrühmlichen Eigenschaften des Fruchtzuckers erheblich.

Wie viel Zucker darf sein

Laut Studien sollte die tägliche Menge an zugesetztem Zucker neun Teelöffel für Männer und sechs für Frauen nicht übersteigen. Obst und Gemüse zählen nicht dazu, wohl aber Getränke und die versteckten Zuckerarten in verarbeiteten Lebensmitteln.

 

Hinweise auf Blogs von und über Claudia Meyer
17.09.2018: Übergewicht: Wenn das Hungergefühl aus dem Takt gerät
08.09.2018: Aphorismen: Gedanken über Selbsterkenntnis 
27.08.2018: Sattsein – ein komplexes Wohlgefühl 
23.08.2018: Intuition: Dein Coach für ein gesundes, glückliches Leben 
12.08.2018: Intuition - Unser innerer Coach 
06.08.2018: Claudia Meyer: Personal- und Ernährungstrainerin

 


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