Textatelier
BLOG vom: 23.02.2018

Sojaanbau: Vertreibung und Landraub in Brasilien

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 

Mit Texten von Gudrun Kaufmann, Ärztlich geprüfte Gesundheitsberaterin GGB, Odenwälder Interessengemeinschaft für gesundes Leben, OIGL (www.oigl.de).

Gudrun Kaufmann, die immer wieder E-Mails mit aufrüttelndem und informativem Inhalt an viele Leser versendet, hat auch diesmal auf eine unglaubliche Ungerechtigkeit aufmerksam gemacht. In Brasilien wurden viele Kleinbauern von ihren Ländern vertrieben, es wurden erst wieder vor kurzem zwei ganze Dörfer abgerissen. Die Pflanzen auf den Feldern der Menschen in den Gemeinden wurden anschliessend mit Roundup (Glyphosat) rigoros vernichtet. Grund für diese Aktionen: Ausweitung der endlosen Sojafelder (Gentechnik und Monokultur!) von Grossgrundbesitzern. Ein unglaublicher Vorgang.

Hier Auszüge aus E-Mails von Gudrun Kaufmann:

Zwei Zwangsräumungen am 01.12.2017
Eine Polizeibesetzung mit Räumung eines Zeltdorfes in St. Catharina und ein Abriss eines ganzen Dorfes von seit über 20 Jahren angesiedelten landlosen Menschen in Paraná, die dort ihre Nahrung anbauten, bescheidene Häuser und eine kleine Kirche gebaut haben:

https://youtu.be/LOjOfteBcow
Am Ende des Films (ca. 4 Min.) bitte warten. Es kommen noch Bilder.
https://www.youtube.com/watch?v=HFGG-vZl5U8&feature=youtu.be
Man muss nicht Portugiesisch können, um die Bilder zu verstehen (ca. 4 Minuten).

Prof. Andrioli: Forderung von weltweitem Soja-Importstopp
Während der Vortragsreise, die Prof. Dr. Antônio Inácio Andrioli, brasilianischer Sozialwissenschaftler und Agrarexperte, Vize-Rektor der Universidade Federal da Fronteira Sul (UFFS) in Deutschland hielt, machte er in seinen Ansprachen auf den grössten und korruptesten brasilianischen Sojaproduzenten und Sojakönig der Welt Blairo Maggi aufmerksam, der gleichzeitig nach Regimewechsel das Amt des brasilianischen Landwirtschaftsministers bekleidet. Agrarminister Maggi sorgte bereits 2004 als damaliger Gouverneur von Mato Grosso für 40 % der Entwaldung des Landes. Er wurde, so Andrioli, als „Kettensäger des Jahres“ weltweit bekannt. Als Grossgrundbesitzer und Politiker gleichzeitig wirkte Blairo Maggi als einer der grössten Kräfte der Umweltzerstörung Brasiliens.

In der Zeit, in der Prof. Andrioli in Deutschland Vorträge über die Zustände in Brasilien hielt (November/ Dezember 2017), wurden zwei ländliche Gemeinden im zentral-südlichen Paraná vertrieben. Sie fanden auf Antrag der Holzfirma Zattar mit Genehmigung des Obersten Gerichtshofs statt. Das Solidaritätsschreiben "Vertreibung und Landraub in Brasilien! Sofortiger Stopp von Sojaimporten aus Brasilien" (s. u.), das an Politiker von Ämtern und Ausschüssen geht, können Sie alle gerne nutzen!

Aus dem Schreiben:                    

„Antônio Andrioli berichtete am Telefon, dass nach dem Abriss der Gebäude unter Polizeischutz die Gärten und Felder der Menschen rücksichtslos mit Roundup (Glyphosat) besprüht wurden, so dass alle Pflanzen, Gemüse und Salate vernichtet wurden. Die komplette Nahrungsmittelversorgung dieser beiden Dörfer wurde totgespritzt. Die Flächen werden so vorbereitet für die Ausweitung der Sojafelder von Grossgrundbesitzern. Die Menschen kampieren nun obdachlos am Strassenrand oder in einer Turnhalle und haben nichts mehr zu essen.
[ … ]

VertreterInnen der Gemeinden berichten von gewaltsamen Vertreibungen, Umweltschäden und versiegenden Wasserquellen, Zerstörung der Häuser und der Ernten der Kleinbauern, Hunger breitet sich aus. Europäische Pensionskassen investieren mit Fonds in die Plantagen der Grossgrundbesitzer.

Zur selben Zeit befand sich Landwirtschaftsminister Blairo Maggi, grösster Sojaproduzent der Welt und bereits 2004 für die Abholzung von 40 % des Regenwaldes verantwortlich, in Deutschland, um besondere Verträge mit Ministern der EU auszuhandeln. Noch grössere Sojalieferungen aus Brasilien führen zu noch mehr Massentierhaltung in Deutschland/Europa. Auch die deutsche Regierung bereitet hier den Weg dazu.

Auf über 33 Millionen Hektar werden in Brasilien knapp über 114 Millionen Tonnen gentechnisch verändertes Soja für den Export in die ganze Welt angebaut, davon 38 Millionen Tonnen direkt in die EU!

Wegen der untragbaren Zustände in Brasilien mit den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen rief Prof. Andrioli u. a. in Berlin bei der grossen Kampagne „Meine Landwirtschaft / Wir haben es satt. Für eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft!“ zu einem umgehenden Soja- und Fleischimportstopp auf:
www.youtube.com/watch?v=QjBuqJ-_gr8

Wir müssen den Leuten helfen
Es ist unsere Pflicht, den Kleinbauern zu helfen. Nein, nicht mit Geld oder Kleidung, Nahrung, sondern mit unserem Verhalten:

Kaufen Sie kein Fleisch, keine Milch und Milchprodukte von Tieren, die Futtermittel – nämlich Soja aus Brasilien erhalten haben. Das dürften in Supermärkten fast alle oben genannten Produkte sein! Fragen Sie nach, wie die Tiere gefüttert wurden. Das wird Ihnen das Personal nicht sagen können. Es wäre gut, wenn Sie dann auf den Kauf verzichten würden!
Fragen Sie beim nächsten Essen im Restaurant, wenn Sie Fleisch essen wollen oder Milch für den Kaffee benötigen: Wie sind die Tiere gefüttert worden? Wenn man Ihnen das nicht sagen kann: Es wäre gut, wenn Sie dann darauf verzichten könnten!

Auch die „Odenwälder Direktvermarktung“ hier bei uns in Hessen sowie andere Direktvermarktungen in den Ländern sollten sich die Gewissensfrage stellen, ob sie diese kriminellen Machenschaften der Soja- und Holzkonzerne weiterhin unterstützen wollen! Der Regenwald ist die „Lunge“ der Erde!

Die Landwirte werden gebeten und aufgefordert, keine Futtermittel mehr aus Brasilien an ihre Tiere zu verfüttern!
Weiterhin ist „Regional und ohne Gentechnik“ zu unterstützen!
Und auch Veganer benötigen keine Soja, um gesund zu bleiben!

 

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Anhang:
• Aufruf von Christiane Lüst (i.A. von Prof. Antônio Andrioli - Hilferuf) Aktion GEN-Klage/ Öko & Fair Umweltzentrum Gauting mit Solidaritätsschreiben an Ausschüsse und Ämter

• Solidaritätserklärung des Universitätsrats der Universität UFFS Campus Laranjeiras do Sul (Paraná)

Aufruf / Solidaritätsschreiben von Christiane Lüst, Aktion GEN-Klage/ Öko & Fair Umweltzentrum Gauting:

„Seit dem Rückflug von Professor Antônio Andrioli von unserer 3-wöchigen Rundreise, um in Europa auf die missliche Lage der Menschen in Brasilien nach dem Regierungsputsch aufmerksam zu machen, schickt er Bilder über Bilder, Filme über Filme ….“ (Dezember 2017)

Christiane Lüst:

„Jetzt ist es genug. Das Mass ist voll. Wie viele Menschen müssen noch vertrieben und zum Teil auch ermordet werden – für Sojaexporte nach Europa? Wie vielen Menschen wird noch ihre komplette Nahrungsmittelproduktion zerstört für volle Teller und Billigschnitzel bei uns? In Brazil gibt es seit des Regierungsputsches wieder massives Ansteigen der Hungerrate – und auch die Sklavenarbeit auf den Feldern der Grossgrundbesitzer wurde wieder eingeführt – die Verfassung einfach geändert.

Jetzt liegt es an uns … bitte …. Kauft keine Fleisch- und Milchprodukte mehr, die mit Soja aus Übersee produziert wurden! Jeder macht sich mitschuldig, dass andere Menschen verhungern müssen, damit wir billig Eier und Schnitzel bei Aldi & Co. kaufen können. Stoppt die Menschenrechtsverletzungen in Südamerika und der dritten Welt für Billigprodukte in Europa!

Schickt diesen Aufruf weiter – schreibt an Politiker und EU-Parlamentarier – fordert einen sofortigen Stopp der Menschenrechtsverletzungen durch einen Sojaimportstopp nach Europa! Unsere Landwirte müssen mangels Arbeit und Nachfrage ihre Betriebe schliessen – und könnten ihr Viehfutter leicht selbst anbauen … sogar Soja ….“

Ihr Solidaritätsschreiben an Ämter und Ausschüsse:

Das Schreiben bitte per Mail oder per Post an folgende Adressen senden (bitte am Ende mit Namen und Adresse ergänzen):

Auswärtiges Amt, Berlin poststelle@auswaertiges-amt.de ;
EU-Menschenrechtsausschuss droi-secretariat@ep.europa.eu ;
EU-Ausschuss für internationalen Handel inta-secretariat@ep.europa.eu ;
EU-Ausschuss für Landwirtschaft und Agrarpolitik agri-secretariat@ep.europa.eu ;
EU-Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten afet-secretariat@ep.europa.eu ;
Ausschuss für Menschenrechte im Deutschen Bundestag menschenrechtsausschuss@bundestag.de ;
Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung im Dt. Bundestag el-ausschuss@bundestag.de

Wir bitten Euch – unternehmt etwas und unterstützt unsere Bemühungen für eine gerechtere und bessere Welt. Helfen wir Antônio Andrioli und den Kleinbauern, Landlosen und Indigenen in Brasilien in Frieden zu leben und ausreichend zum Leben zu haben. Starten wir jetzt aus aktuellem Anlass sofort unsere Solidaritätskampagne für Antônio Andrioli. Weitere werden folgen. Bitte schickt diese Mail über alle Euch zur Verfügung stehenden Ticker, setzt es auf Eure Websites, sprecht die Leute an …

Ihre / Eure

Christiane Lüst

Aktion GEN-Klage (i.A. von Prof. Antônio Andrioli)

Solidaritätsschreiben zum Herunterladen



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Universität UFFS Campus Laranjeiras do Sul (Paraná)

SOLIDARITÄTSERKLÄRUNG

Der Universitätsrat der UFFS Campus Laranjeiras do Sul (Paraná) bringt hiermit unsere Unterstützung zum Ausdruck für die Bauernfamilien, die am 01.12.2017 grausam durch eine Zwangsräumung in Vale do Alecrim (Gemeinde von Pinhão) betroffen wurden. Es ist wichtig zu betonen, dass diese Familien seit mehr als 20 Jahren dort lebten und somit eine Identität mit dieser Gemeinde hatten.

Ausserdem lehnen wir die Art wie die Abräumung durchgeführt wurde grundsätzlich ab, denn dadurch wurden Menschenrechte der betroffenen Bevölkerung verletzt, ganze Familien wurden vertrieben und Lebensperspektiven zerstört. Das Zusammenhalten einer gesamten Gemeinde wurde zerrissen und ihre sozialen und kulturellen Beziehungen verunsichert.

Tief sensibilisiert mit den Männern, Frauen und Kindern, die ihr Land verloren, wünschen wir den Familien viel Kraft, dass sie weiter für eine bessere Welt mit mehr sozialer Gerechtigkeit kämpfen.

11. Sitzung des Universitätsrates
Laranjeiras do Sul, am 04.12.2017
Janete Stöffel
Direktorin
Campus Laranjeiras do Sul, UFFS.

 


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