Textatelier
BLOG vom: 26.01.2018

Permakultur im Weinbau: Wüste oder Paradies?

Autor: Daniel Wyss, Ökologe, Winzerberater, Arlesheim CH

 


Retentionssee auf Tamera im Süden von Portugal
 

Als Delinat-Winzerberater habe ich unsere über 100 biologisch wirtschaftenden Weinbaubetriebe in ganz Europa bisher intensiv bei der Förderung der Biodiversität beraten und unterstützt. Das wird auch weiterhin der Fall sein. Doch der Klimawandel mit gehäuften Wetterextremen wie sturmartige Unwetter, sintflutartige Regenfälle, intensive Hitzeperioden und lange Trockenzeiten verlangt nach neuen, noch ganzheitlicheren Konzepten.

In südlichen Regionen droht vielerorts Desertifikation. Die Trockenperioden werden länger, die Regenfälle seltener. Noch gibt es zwar Niederschläge, oft aber sind sie sintflutartig. Die Böden sind nicht imstande, das Wasser aufzunehmen, es fliesst ungenutzt ab. Wegen fehlenden Wasserreserven werden so immer mehr Böden unfruchtbar, die Trockengebiete breiten sich aus. Für viele Winzer im Süden stellt sich heute die Frage: Wüste oder Paradies?

Wer sich für das Paradies entscheidet, dem bietet die noch wenig bekannte Permakultur ein probates Konzept. Der Begriff setzt sich aus den beiden Wörtern «permanent» und «Agrarkultur» zusammen. Vorbild für die Permakultur ist die Natur mit einem geschlossenen Nährstoffkreislauf. Die Australier Bill Mollison und David Holmgren haben bereits in den 1970er Jahren die Grundsteine dafür gelegt. Es handelt sich um eine Bewirtschaftungsform, mit der Ökosysteme gestärkt, Bodenfruchtbarkeit erhöht, Bodenbearbeitung reduziert und der Ertrag erhalten oder sogar gesteigert werden kann.

Ein wichtiges Grundprinzip der Permakultur ist das Wassermanagement. In ausgeklügelter Weise wird Regenwasser zurückgehalten, damit auch nach längeren Trockenperioden die Erde noch feucht bleibt und die Kulturen auf natürliche Weise an Wasser herankommen. Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt das vom österreichischen Permakultur-Spezialisten Sepp Holzer initiierte und betreute Tamera-Projekt im Süden von Portugal. Hierhin haben wir unsere Winzer im Jahr 2017 zu einem Seminar eingeladen. Alle waren tief beeindruckt.
Einer hat sofort gehandelt: Carlos Laso aus dem Hinterland von Valencia. In Rekordzeit ist mit unserer Mithilfe in den vergangenen Monaten auf dem Bioweingut Pago Casa Gran ein einfaches aber geniales Bewässerungskonzept umgesetzt worden. Mit einem Wasserrückhaltebecken und mehreren horizontal verlaufenden Gräben entlang der Rebparzellen wird Regenwasser zurückgehalten. So kann das Wasser langsam in den Boden versickern, und die Reben kommen auch in langen Trockenperioden noch an Wasser heran. Bis das Rückhaltebecken ganz gefüllt ist, werden etwa drei Jahre vergehen. In dieser Zeit sollte auch der Grundwasserspiegel, der in den vergangenen Jahren gelitten hat, langsam wieder ansteigen. Spätestens dann dürften selbst ausserordentlich trockene Sommer die Reben auf der Bodega Pago Casa Gran kaum mehr stressen. Gleichzeitig bleibt die Biodiversität erhalten – statt zur öden Wüste werden die Weinberge zum natürlichen Paradies!

Internet
www.delinat.com

 


*
*    *

Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst