Textatelier
BLOG vom: 02.01.2016

Als Franz sein Haus erreichte …

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London


Franz verfolgte einen sehr geregelten Alltag und bestand auf Pünktlichkeit. Er war der Chefbuchhalter in einer Firma, die Werkzeuge vertrieb.

Er erreichte sein Haus wie immer 6Uhr abends. Totenstille empfing ihn, als er die Haustüre öffnete. “Wo bist Du Erika?” rief er mehrmals. Er betrat die Küche und schnupperte. Weder Geschirr noch Essen waren aufgetischt. Das stimmte ihn heiter. Franz genoss die Ruhe und schenkte sich einen doppelten Whisky im Wohnzimmer ein und entfaltete die Abendzeitung. Er misste seine geschwätzige Frau keineswegs. Nach und nach wurde er hungrig. Im Kühlschrank fand er einen Salami. Er verteilte die Scheiben auf einen Teller, kehrte ins Wohnzimmer zurück und schaltete den Fernseher für die Abendnachrichten an. Eine Stunde verstrich, ohne dass sich seine Frau meldete. Das verdross ihn mehr und mehr.

Franz spitzte die Ohren. Eine Katze miaute. Sie hatte sich wohl durchs offene Fenster eingeschlichen, mutmasste er. Franz entdeckte sie unterm Tisch in der Küche – eine pechschwarze Katze. Franz war kein Tierfreund. Unberechenbar wie Katzen sind, störten sie seinen Ordnungssinn. So kam es, dass er sie beim Schwanz erwischte und kurzerhand aus dem Fenster warf. “Du kommst nicht wieder”, brummte er und schloss das Fenster mit einem resoluten Ruck.

In diesem Augenblick erschien seine Frau ausser Atem. “Ich hatte das Katzenfutter vergessen”, entschuldigte sie sich für die Verspätung und fragte, ob er sich inzwischen mit der Katze befreundet habe. “Die habe ich aus dem Fenster geschmissen”, sagte er aufgebracht.

Ein häuslicher Zwist entbrannte zwischen dem Ehepaar und gewann an Lautstärke. “Willst du mich jetzt mit Katzenfutter abspeisen?” schrie er sie an. Ganz aus dem Konzept geworfen, füllte er sein Whiskyglas nach.

Die Nachbarin hatte Erika die Katze geschenkt, erfuhr Franz. “Wenn ich ihr sage, wie du die Katze behandelt hast, haben wir es mit ihr und ihrem Mann verspielt ...”, drohte Erika.

Die Nacht war so schwarz wie die Katze, als sie schlafen gingen. Gemäss der Bauerregel folgt der dunklen Nacht ein schöner Tag. Ein Napf Milch lockte die Katze wieder ins Haus. Pünktlich fütterte Franz fortan die Katze.

 


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