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BLOG vom: 27.10.2015

An der Mosel (1): Kröv, Riesling, Schiefer und Cochem

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 
 

Blick auf die Mosel und Kröv

Blick auf die Mosel und Kröv
 

Die diesjährige Wanderwoche verbrachten wir vom 11.10. bis 18.11.2015 in Kröv, einem der beliebtesten Wein- und Urlaubsorten an der Mosel. Warum gerade Kröv? Auslöser war ein Wanderfreund, der uns von seinen „umsäuselten“ Erlebnissen mit dem Moselwein „Kröver Nacktarsch“ erzählte. Da 7 von 8 Teilnehmern unserer privaten Wandergruppe Interesse an einem Besuch zeigten, wurden schon frühzeitig im Hotel-Restaurant „Ratskeller“ der Familie Ulrich Felder in Kröv Einzelzimmer gebucht.
Toni, unser Wanderführer, hat sich viel Mühe gemacht, alles zu organisieren und Wander- und Besichtigungstouren auszuarbeiten.

Besonders waren wir gespannt, wie uns der „Kröver Nacktarsch“, ein Riesling, mundet. Wir waren zunächst skeptisch, da wir doch mit dem Markgräfler Weisswein, dem Gutedel, verwöhnt sind. Aber wir waren von den Geschmackserlebnissen begeistert. Schon im Vorfeld erhielt ich vom Winzer Andreas Römer aus Kröv Infos über die Qualität und die Besonderheiten des Rieslings. In einem Blog vom 26.01.2014 (Recherchen 10: Der Kröver Nacktarsch. Woher der Name?“) zitierte ich schon diese Merkmale:

„Der Kröver Nacktarsch gehört zweifellos zu den bekanntesten Weinen der Welt. Bei Weinfreunden ruft der spritzige Riesling mit der feinen Säure und dem frechen Namen Heiterkeit und Frohsinn hervor. Bei prüden Gemütern gibt es auch Betroffenheit, bei miesen Typen Ablehnung und Empörung – aber die sind, Gott sei Dank, in der Seltenheit. Dieser Wein trägt zu vielen fröhlichen Stunden, zu manchem gelungenen Feste bei, wie man auch unschwer seit Generationen bei den zahllosen Festlichkeiten in Kröv selbst feststellen kann.“

Nun, wir waren optimistisch und bereit, etwas Neues kennenzulernen. Am Sonntag, den 11.10.2015, fuhren wir mit 2 Autos von Lörrach nach Kröv. Die eine Gruppe mit „Kanu“-Heinz, Manfred und Walter fuhr über Speyer und Frankental, die andere Gruppe mit Toni, Bernd, Claus und „Foto“-Heinz (Blogverfasser) über Frankreich und Saarbrücken nach Kröv (ca. 400 km).
Der Wettergott hatte es gut mit uns gemeint. Bei schönstem Wetter erreichten wir Kröv. In Kröv leben etwa 2500 Einwohner, und es gibt ca. 2500 Gästebetten. 2004 feierte Kröv die 1250 Jahrfeier im Rahmen des Internationalen Trachtentreffens auf einer schwimmenden Moselbühne.

Kaum angekommen, folgten das Kofferschleppen vom Auto in das Hotel, die Begrüssung durch Familie Felder, die Zimmerzuteilung und das Auspacken.

Gespannt waren wir auf das 1. Abendessen ab 19 Uhr. Versprochen wurden uns Gerichte aus der moselländischen Küche und zur Begrüssung  0,2 Liter Moselwein, 1 Stück Kuchen und 1 Tasse Kaffee. Den Wein tranken wir schon am Abend des 1. Tages, während wir den Kuchen (Riesling-Mosel-Torte oder Käsekuchen) mit Kaffee später verspeisten.

Als Halbpensionsgäste konnten wir aus einer speziellen Karte verschiedene Gerichte wählen. Zur Auswahl gab es u. a. einen Ratstopf mit verschiedenen Fleischsorten, Forelle blau oder nach Müllerin Art, paniertes Putenschnitzel mit Ananas und mit Käse überbacken, Schweineschnitzel, Rührei mit Speck und Bratkartoffeln und Gräwes. Gräwes ist ein Sauerkraut-Kartoffel-Gericht mit Kassler oder Pökelfleisch (Infos unter www.kochwiki.org).
Wir erhielten immer ein 3-Gänge-Menü mit Suppe, Hauptgericht und Nachspeise. Die Speisen schmeckten hervorragend. Besonders die Suppen brachten unsere Geschmacksknospen in Höchstform. Einige forderten sogar einen Nachschlag. Auch das reichhaltige Frühstücksbüffet hatte es uns angetan. Somit konnten wir gestärkt die geplanten Unternehmungen angehen.

Auf dem Schieferweg zur Bergkapelle
Da am Montag schönes Wetter vorhergesagt wurde, machten wir uns nach dem Frühstück sofort auf den Weg, die Hänge der Kröver Weinberge zu erklimmen. 200 Höhenmeter mussten überwunden werden. Ausgangspunkt war der Europabrunnen in Kröv. Die 9 km lange Rundwanderung führte zunächst durch die Weinberglagen Kröver Kirchlay zum Schiefer-Pfad und anschliessend zur Bergkapelle.

Auf einigen Info-Tafeln informierten wir uns über den Schiefer, der die Lebensgrundlage des Moselwinzers ist. Schon vorher sahen wir viele zerkleinerte Schieferstücke auf den Böden der Weinreben liegen. Wir erfuhren, dass durch Verwitterung der Devonschiefer zerfällt und den Reben viele wichtige Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium, Kalzium und Phosphor (als Phosphat) liefert.
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts nutzten die Winzer das „Schiefern“. Der Schiefer wurde in den Steinbrüchen der Umgebung gebrochen und auf die Weinberge ausgebracht.
Das Schiefergestein bietet weitere Vorzüge: Regenwasser wird leicht durchgelassen, es verhindert das Abschwemmen der Feinerde am Steilhang und reduziert ein schnelles Austrocknen. „Der grösste Nutzen des Schiefers ist jedoch seine leichte Erwärmbarkeit und seine hohe Wärmespeicherkapazität. Die Sonnenenergie des Tages wird im Stein festgehalten und nachts als Wärme langsam wieder abgegeben“, konnten wir auf einer Tafel lesen. Aber auch noch das: „Die Schieferverwitterungsböden prägen wesentlich den Charakter der Rieslingweine und verleiht ihnen eine mineralische, pikante Art und eine geschliffene, filigrane Fruchtsäure. Fachleute sprechen von einem unverwechselbaren Schieferton, der den Weinen aus den Steillagen der Mosel zu Weltruf verhalf.“

In unseren späteren Erkundungen in etlichen Orten an der Mosel erblickten wir immer wieder Schiefer-Fassaden, Schiefer-Dächer, Schiefer-Böden, Bruchsteinhäuser und in den Weinbergen Trockenmauern. Heute wird nur noch einheimischer Dachschiefer im Raum Mayen gefördert, der überwiegende Anteil wird aus Spanien und Portugal importiert.

Weitere Höhepunkte waren die Bergkapelle und das Feriendorf Mont Royale. Von hier oben hatten wir einen fantastischen Blick auf Kröv und die malerische Moselschleife und den Ort Wolf. Wir konnten uns nicht genug sattsehen. Drei Kameraden genossen den Blick ins Tal auf einer dreifachen Liege aus Holz.

Auf der Info-Tafel „Prägung des Moseltals“ erfuhren wir, wie die Flusslandschaft entstanden ist. Die Formung erfolgte in den letzten 2 Millionen Jahren. Das Schiefergebirge wurde um rund 250 m angehoben. Die Mosel, die vor diesem Ereignis breit dahinfloss, musste sich tief in das aufsteigende Gebirge einschneiden. Es kam zu Richtungsänderungen unter Bildung von vielen kleinen und grossen Flussschleifen (Mäander). Eine solche Moselschleife liegt direkt um Kröv und Wolf. Die nächste Schleife befindet sich um Traben-Trarbach. Weitere sahen wir später auf unseren Erkundungen.
Anschliessend ging es durch die Weinbergslagen Steffensberg und Letterlay wieder zurück nach Kröv.

 

Die Reichsburg Cochem

Die Reichsburg Cochem
 

Ausflug nach Cochem
Aber wir hatten an diesem Tag noch nicht genug. Am Nachmittag fuhren wir nach Cochem. Schon bei der Anfahrt sahen wir die imposante Reichsburg oberhalb der Stadt. Einige Wanderfreunde (Manfred, Claus, Bernd) stiegen steil bergauf zur Burg, während die andere Gruppe („Kanu“-Heinz, Toni, Walter und ich) die Altstadt näher erkundete. Die „Burgerstürmer“ berichteten später von den guten Speisen in der Burgschänke und dem schönen Ausblick.

In der Altstadt erblickten wir prächtige Fachwerkhäuser, den Brunnen des hl. Martin, das Endertor, das Rathaus. In der Rathaustür ist ein Loch zu sehen. Dieses weist nicht auf den leeren Stadtsäckel hin, sondern wurde 1923 von einem Separatisten angebracht.

In Cochem hatten wir diverse Erlebnisse. So sahen wir eine junge hübsche Frau an einem runden Tisch eines Cafés sitzen. Vor ihr war eine Kaffeetasse platziert. „Kanu“-Heinz und ich setzten sich zu ihr. Es war leider keine Frau mit Herz und Blut, sondern eine lebensgrosse Puppe. Toni fotografierte die Szene mit Wohlgefallen. Als ich das Bild meiner Schwester sandte, meinte sie: „Du hättest die Dame in den Arm nehmen sollen. Aber ich weiss, Du bist ja brav.“
An einem Verkaufsstand erblickte Walter einen Jägerhut. Der heranstürmende Verkäufer wollte 35 Euro für diesen Hut haben. Walter sagte, er habe nicht soviel Geld und kaufe ihn für 28 Euro. Den Preis lehnte der Verkäufer ab. Walter ging weiter. Dann rannte der Verkäufer ihm nach und äusserte, er bekomme den Hut für 28 Euro. Nun wurde Walter stolzer Besitzer eines Hutes, der ihm sehr gut passte. Später witzelten einige Kameraden. Sie empfahlen, den günstig erstandenen Hut ja nicht bei Regen aufzusetzen, er könnte dann eingehen oder die Farbe verlieren.

Walter suchte in Cochem noch eine Weinhandlung auf und probierte, wie er uns erzählte, einen besonders guten Wein. Bei einem 2. Besuch in Cochem, einige Tage später, wurden einige Flaschen dieses Weins gekauft.

Im 2. Teil berichte ich über eine Wanderung um Trittenheim und einem Besuch der zauberhaften Stadt Bernkastel-Kues.

 

Internet
www.ratskeller-kroev.de
www.die-mosel.de
www.kochwiki.org (mit Gräves-Rezept)
www.reichsburg-cochem.de


Hinweise auf Blogs über Wanderwochen

Hinweis auf Blogs über eine Wanderwoche an der Mosel
01.11.2015: An der Mossel (2): Hinkelstein und Spitzhäuschen

Hinweis auf Blogs über das Elbsandsteingebirge
15.07.2014: Elbsandsteingebirge 5: Labyrinth, Pfaffenstein, Barbarine
15.07.2014: Elbsandsteingebirge 4: Dresden u. der schönste Milchladen
13.07.2014: Elbsandsteingebirge 3: Balkon Europas, Schwedenlöcher
06.07.2014: Elbsandsteingebirge 2: Die Festung, die nie erobert wurde
03.07.2014: Elbsandsteingebirge 1: Klammen, Prebischtor, bizarre Felsen

Hinweis auf Blogs über die Bayernreise
11.11.2013: Unterwegs in Bayern (6): Ein imposantes Freilichtmuseum
19.10.2013: Unterwegs in Bayern (5): Das Oktoberfest hautnah erlebt
17.10.2013: Unterwegs in Bayern (4): Zugspitze, Absturz einer Chinesin
13.10.2013: Unterwegs in Bayern (3): Staffelsee, Ettal & Löffelschlagen
09.10.2013: Unterwegs in Bayern (2): Bad im heilsamen Moorschlamm
04.10.2013: Unterwegs in Bayern (1): Isny, Wieskirche, Bad Kohlgrub

Hinweis auf eine weitere Wanderwoche
28.07.2012: Südtirol 5: Enzianschnaps, Grantn-Marmelade, Heilkräuter
19.07.2012: Südtirol 4: Folterkammer, Geisterstube und Bruneck-Tour
19.07.2012: Südtirol 3: Harpfen, Messner Hütte, Pferdefant von Brixen
16.07.2012: Südtirol 2: Dolomitenseen-Perle, Terence Hill als Förster
13.07.2012: Südtirol 1: Weltberühmte Drei Zinnen in den Dolomiten

 

 


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