Textatelier
BLOG vom: 09.06.2015

EXPO 2015 nur für Italienisch und Englisch Sprechende?

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich-Altstetten
 
 
Eigentlich ist mir das aus Deutschland eingewanderte Wort „aussen vor“ für ausserhalb oder draussen immer noch fremd. Aber in Milano verstand ich seine Aussage wie nie zuvor.
 
Ich befand mich ausserhalb meiner Sprache. An der EXPO dominieren Italienisch und Englisch. Wir haben in den von uns besuchten Pavillons nur 3 Auskunftspersonen angetroffen, mit denen ein vertieftes Gespräch entstehen konnte. Klar, das ist ein persönliches Problem von Primo und mir. Aber dass keine Ausstellungsführer in deutscher und vielleicht auch in andern Sprachen vorliegen, empfinden wir als Mangel. Eine Italienerin, die Drucksachen verkaufte, umarmte mich, entschuldigte sich für ihr Land, dass man nicht an die Deutschsprachigen gedacht habe. Viele würden sich darüber beklagen. Wir seien doch Nachbarn.
 
In der Rückschau wundere ich mich, wie gut verständlich unsere holprigen Sätze bei ihr angekommen sind. Wir verstanden einander in grosser Herzlichkeit. Und dank Letizia, die Italienisch gut versteht.
 
Im Schweizer Pavillon, Bereich Spirito di Basilea, begegneten wir dann Friedrich Nietzsche. Seine Büste sprach vom Sockel herab. Auf die weisse Figur wurde ein Film mit Ton gesendet, der den Philosophen lebendig erscheinen lässt. Wenn er spricht, bewegen sich Augen und Mund. Wir haben ihm zugehört und ihn gut verstanden. Er sprach deutsch.
 
Weil wir im Pavillon von Grossbritannien die englisch gesprochenen Erklärungen nicht verstanden, bemühten wir uns, das dargestellte Thema eigenständig zu ergründen. Primo ahnte, dass es sich um ein wichtiges Thema handle und verwies auf die Energie. Er erinnerte sich an Erkenntnisse aus der Ausstellung „Phänomena“ (Zürich, 1984). Ebenso dachte er an Erfindungen von Buckminster Fuller, als wir vor dem filigranen Gebilde standen. Die miteinander verbundenen, gleichschenkligen Dreiecke verwiesen auf ihn.
 
Schlussfolgerung: Hier wird pulsierende Energie dargestellt. Ausgelöst durch Besucher, die sich auf dem Glasboden bewegen und das Gebilde in einen Erregungszustand bringen.
 
Später entdeckte ich eine Beschreibung dazu. Es handelt sich um einen 17 m hohen virtuellen Bienenstock, der pulsiert. Am späten Abend sahen wir diesen als Kugel, von tausenden LED-Lämpchen farbig leuchten. Sie wirkte sphärisch. Sie bewegte viele Menschen.
 
Von der Biene und mehr noch von unserem Verhältnis zu ihr, hängt unser Sein oder Nichtsein ab.
 
In der RAILTOUR-Informationsbroschüre habe ich schlussendlich auch noch deutsch geschriebene Hinweise zu den 48 Länder-Pavillons gefunden. Grossbritannien schreibt zu seinem Auftritt: Das Design ist durch die einzigartige Rolle, welche die Bienenstöcke in unserem Ökosystem haben inspiriert. Das weltweite Bewusstsein über die Auswirkungen der Nahrungsmittelproduktion und -verbrauch auf das Leben aller Menschen soll mit diesem Beitrag erhöht werden.
 
In diesem Pavillon für Grossbritannien führte ein Labyrinth-ähnlicher Weg ins Zentrum. Gestaltet mit hölzernen Kisten, in denen Wiesengras und Blumen wuchsen. So platziert, dass wir dieser Wiese auf Augenhöhe begegnen konnten. Formen und Grösse aller Halme ergaben den Eindruck von einem filigranen Gesamtkunstwerk. Sie hatten sich zu einem prächtigen Spitzenmuster formiert. Ihre Erde muss gesund sein. Und durstig waren sie nicht.
 
An anderen Orten beelendet es einen. Da wurden Moose oder Gräser wie Tapeten an die Wand platziert, wo nährendes Wasser davon rinnen muss und versickert. Es stimmte uns traurig, verdorrtes Grün zu sehen. Die Betreuung einiger Pflanzen erschien uns zur Zeit unseres Besuchs Ende Mai 2015 sorglos und entsprach dem Motto der gesamten Weltausstellung nicht.
 
Fortsetzung folgt.
 
Hinweis auf weitere Blogs mit Bezug zu einer Expo
 
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst