Textatelier
BLOG vom: 05.04.2015

Ostern, Pasen, Ostereier und Osterhase – etymologisch

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
 
 
Wir feiern Ostern in unserem Kulturkreis in diesem Jahr 2015 am 04.04. Es ist ein Fest, an dem die Auferstehung von Jesus und damit die Überwindung des Todes begangen wird.
 
Den April nennen wir noch heute den Ostermonat. In einem der frühesten althochdeutschen Schriften wird in der Edda „der Seherin Ausspruch“ geschildert, wie die Erde entstand, von den „urgeborenen“ Riesen Ymir und Bör und ihren Söhnen, die „das mächtige Midgard schufen“. Die Sonne, der Mond und die Sterne kannten ihren festen Platz noch nicht. Die Urgötter ordneten alles und schufen aus Erde Zwerge, unter anderen Austri und Westri.
 
Jakob Grimm nennt sie „Lichtgeister“; daraus entstand dann unter anderen „Austara“, in ihrer eigentlichen Bedeutung „Morgenröte“ (lat. „aurora“):
 
„Ostara, Eástre mag also gottheit des strahlenden morgens, des aufsteigenden lichts gewesen sein, eine freudige, heilbringende erscheinung, deren begriff für das auferstehungsfest des christlichen gottes verwandt werden konnte.“
 
Im germanischen Sprachbereich ist nur noch im Englischen („Easter“) und im Deutschen dieser „heidnische“ Name gebräuchlich und auf das höchste christliche Namensfest angewandt, ansonsten wurde die jüdische (kirchenlateinische) Bezeichnung „Passafest“ (hebräisch pêsah: Versöhnung)  beibehalten, so heisst Ostern auf niederländisch „Pasen“.
 
In einem niederländischen etymologischen Wörterbuch wird „Pasen“ von mittelniederländisch „paschen (1236) und „paeschen“ (1274) abgeleitet und der Begriff sei wahrscheinlich aus der Kirchenprovinz Köln aus über „Neder-Duitsland“ verbreitet worden.
 
In diesem Wörterbuch wird noch auf den angelsächsischen Mönch Beda (673‒735) hingewiesen, der in seinem Werk „De temporium Ratione“ im Kapitel 15 geschrieben hat:
 
„Der Eosturmonath, heute Passahmonat bezeichnet, war früher benannt nach einer ihrer Göttinnen, welche Eostre genannt wurde, zu deren Ehren Feste in diesem Monat gefeiert wurden. Jetzt benennen sie die Passahzeit mit ihrem Namen, womit die Freuden der neuen Feierlichkeit unter dem Namen der altehrwürdigen Göttinnenverehrung angerufen werden.“
 
Zum „Osterhasen“ finde ich unter dem Stichwort „Ostara“ im Buch „Die Germanen – Lexikon zur europäischen Frühgeschichte“:
 
„Das heilige Tier der Frühjahrsgöttin war der Hase, Sinnbild der Fruchtbarkeit, und man schenkte einander und ass zu Ostern bemalte Eier, auch sie Fruchtbarkeitssymbole: so kam es zum eierlegenden Hasen, einem zoologischen Monstrum“ (Döbler).
 
Auch von Jakob Grimm stammt der Hinweis, dass Eier ursprünglich zu Ostern fällige Naturabgaben („Zinseier“) waren:
 
„der lechen sol iechliches weren 20 ostereyer dem propst ze osteren ellü iar.
Mitte 14. Jh. Unterwalden.“
„wer ostereyer oder osterhunre gibt, der solle sie als zytlichen geben, daz die heren yren notz damyed schaffen; 1407 Hunsrück.“
 
Zu „Ostara“ findet der historisch Interessierte allerdings auch einen Hinweis auf eine rassisch-völkische Zeitschrift gleichen Namens, die von einem gewissen Lanz von Liebenfels in den Jahren 1905-1931 herausgegeben worden ist, und deren (unwissenschaftliche) Beiträge über Arier und Rassenkunde angeblich auch Adolf Hitler beeinflusst haben sollen. Da ist allerdings ein ganz anderes Thema!
 
Ich werde also mit meiner Familie Ostern und Pasen feiern. Wir freuen uns schon darauf, die Enkelkinder im Garten Ostereier suchen zu sehen, und auf ihre strahlenden Gesichter, wenn sie ihre Fundstücke präsentieren, die der Osterhase so gut versteckt hat, aber nicht gut genug!
 
 
Quellen
Formularende Weisthümer / gesammelt von Jacob Grimm. Mithrsg. von Ernst Dronke [u. a.]. Göttingen: Dieterich.
Erschienen: 1 (1840) ‒ 7 (1878).
Bd. 5 hrsg., Bd. 6 bearb., Bd. 7 verf. von Richard Schröder.
 
Grimm, Jacob: Deutsche Mythologie in 3 Bänden“, Bd. 1, Drei Lilien Verlag, Wiesbaden, Lizenzausgabe 1992, S. 16.
 
Döbler. Hannsferdinand: „Die Germanen Legende und Wirklichkeit von A-Z, Lexikon der europäischen Frühgeschichte“, Orbis Verlag, München, 2000, S. 218f.
 
De Vries, J., De Tollenaere, F.: „Etymologisch Woordenboek“, Het Spectrum, Amsterdam, 1991, Stichwort « Pasen », S. 278.
 
 
 
 
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