Textatelier
BLOG vom: 06.05.2014

„Lichtung der Ruhe“, ein Waldwegli und Schloss Bürgeln

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Z' Bürgeln auf der Höh,
mai was cha meh seh!
O, wie wechsle Berg un Tal,
Land und Wasser überall,
z' Bürgeln auf der Höh!“
3 Besonderheiten waren es, auf die uns Toni von Lörrach schon vor unserer gemeinsamen Wanderung am 29.04.2014 aufmerksam gemacht hatte: Er erzählte euphorisch von seinen Eindrücken, die er auf einer Vorwanderung erlebt hatte. Die Höhepunkte waren ein Bestattungswald, ein Waldwegli und das Kleinod im Markgräfler Land, Schloss Bürgeln. Wie schön es dort oben ist, wurde uns später bewusst. Johann Peter Hebel (1760−1826) hat in seinem Lied „Z' Mülle an der Post“ Schloss Bürgeln treffend beschrieben.
 
Wir fuhren zu Viert nach St. Johannis-Breite (482 m über NN) bei Kandern-Sitzenkirch und parkierten dort auf dem grossen Wanderparkplatz hinter dem Bauernhof. Von hier aus starteten wir schon öfters zu Wanderungen (z. B. lustwandelten wir auf dem Kirschblütenweg oberhalb von Ober- und Untereggenen). Von St. Johannis-Breite gibt es schöne Wege nach Feuerbach und zur Ruine Sausenburg. Diesmal stand die Tour zum Schloss Bürgeln auf dem Programm.
 
Wir überquerten die Landstrasse und nahmen nicht den Bürgler Weg am Waldrand entlang, sondern gingen links den Steingrubenweg, dann am Steinbruch vorbei und über den Saatschulweg und den Alten Bürglerweg zum Schloss. Wir wählten diese Wege, die zwar etwas länger, aber nicht so steil waren.
 
Nicht nur gut für eine Bowle
Während des Aufstiegs liess ich meinen Blick auf die Pflanzenwelt im schattigen Buchenwald streifen. Ich sah viele schöne Areale mit dem Waldmeister. Dieser ist leicht an seinen quirlartig angeordneten Blättern und den kleinen weissen sternförmigen Blüten zu erkennen. Dabei erinnerte ich mich an frühere Zeiten. Meine Mutter bereitete im Wonnemonat Mai eine Waldmeisterbowle. Sie schmeckte nicht nur gut, sondern war auch Bestandteil einer Frühjahrskur. Über den Waldmeister wurde schon ein Blog von mir am 06.05.2005 „Wenn der Waldmeister zur süffigen Mai-Bowle wird“ publiziert. Dort sind Wissenswertes über die Pflanze und ein Rezept für eine Mai-Bowle nachzulesen.
 
Auch das Gemeine Lauchkraut (Knoblauchsraute) sah ich an vielen Stellen am Wegesrand. Ich zupfte ein Blatt ab, zerrieb es und roch daran. Da stieg mir ein leichter Knoblauchgeruch in den Riechkolben. Wie ich mir sagen liess, enthält die Knoblauchsraute (Alliária petioláta = A. officinalis) Senföle, darunter auch solche, die im Knoblauch vorkommen. Die etwas bitter schmeckende Pflanze wurde früher als Salatwürze verwendet.
 
„Lichtung der Ruhe“
Wir gingen durch einen herrlich grünen Buchenwald und erreichten nach 1 Stunde den Parkplatz unterhalb von Schloss Bürgeln.
 
Rechter Hand vom Parkplatz ist die „Lichtung der Ruhe“. Es ist ein Bestattungswald, der sich fernab von Lärm und Hektik befindet, ein würdevoller Ort der letzten Ruhe. Hier werden Urnen unabhängig von Wohnort, Nationalität und Religionszugehörigkeit beigesetzt. Der Mischwald besteht aus Douglasien, Tannen, Buchen, Fichten und Eichen. Weitere Bestattungsplätze sind Findlinge (Felsblöcke) oder Baumstümpfe. Die Urnen bestehen aus unbehandeltem Holz oder niedrig gebranntem Ton.
 
Die Grabnutzungsgebühren richten sich nach der Baumart. Infos sind bei der Gemeinde Schliengen D (Friedhofsverwaltung) oder unter www.lichtung-der-ruhe.de zu bekommen.
 
Auf dem Waldwegli
Wir liessen den Bestattungswald pietätvoll links liegen und wanderten auf dem Bürgler Waldwegli (Waldlehrpfad) weiter. Das Waldwegli wurde von der Gemeinde Schliengen und vom Staatlichen Forstamt Kandern eingerichtet. Es ist ein schmaler Pfad, der durch ein interessantes Waldgebiet führt. Hier kann man sich über die Lebensgemeinschaft Wald und die Waldbewirtschaftung informieren. Es ist eine Besonderheit, die auch Kinder begeistern dürfte. Die Gehzeit beträgt ½ Stunde. Auf dem Weg sind etliche Tafeln mit Fragen zu Bäumen, Zapfen und Tieren angebracht. Die richtigen Antworten sind unter einem schwenkbaren Holztäfelchen nachzulesen. Ein schönes Rate- und Antwortspiel.
 
Auf einer Tafel wurden Infos über den 140-jährigen Buchenwald angebracht. Hier der Text: „Neben dem für die Baumart günstigen Klima und Boden war die lokale Bedeutung für die Brennholzversorgung (Versorgung von Basel) verantwortlich dafür, dass hier in der Gegend die Buche nicht so stark aus der Landschaft gedrängt wurde.“
 
Auch wurde die Frage gestellt „Schon mal was von Biomasse gehört?“ Dann erfuhren die Wanderer Fakten über die kleinen Lebewesen des Waldbodens. Diese wiegen mehr als alle Hirsche, Rehe, Wildschweine, Füchse und andere Tieres auf und über dem Boden. Unfassbar!
 
Die Wasserspeicherfähigkeit des Walds wurde an einer Stelle des Wegs eindrucksvoll demonstriert. Toni schnappte sich eine Giesskanne, die an einer Kette befestigt war, füllte sie mit Wasser und goss die Flüssigkeit in 3 Behälter. Der erste war mit Erde, der zweite mit einem Gemisch aus Sand, Erde und Kies und der dritte ausschliesslich mit Kies gefüllt. Durch den Kies floss das Wasser gleich hindurch, während es durch das Gemisch nicht so schnell und durch die Erde sehr langsam floss. Im erdigen Substrat ist also die Wasserspeicherfähigkeit am höchsten und im Kies am geringsten.
 
Waldbestandene Böden speichern das Wasser und versorgen Quellen auch in niederschlagsfreien Perioden. Im Humus, der aus zersetzten Pflanzen und Tiermaterialien besteht, ist der Nährstoffgehalt sehr gross. Der Humus ist wichtig für Baum-, Strauch- und Pflanzengesellschaften.
 
Schloss Bürgeln, dem Himmel näher
Am 15.04.2009 war ich mit Paula und Walter Hess schon einmal auf Schloss Bürgeln (665 m über NN), und wir nahmen an einer Führung teil. Seine Eindrücke hat Walter im Blog vom 19.04.2009 „Schloss Bürgeln D: Rokoko-Ranken im Klassizismus-Bau“ eindrucksvoll beschrieben. Aus diesem Grunde verzichte ich auf die Vorstellung des schönen Baus.
 
Von hier oben hat man eine grandiose Panoramasicht auf das Rheintal, auf die Vogesen, die Burgundische Pforte, den Sundgau und den Schweizer Jura. Bei klarer Sicht treten Eiger, Mönch und Jungfrau hervor. Die landschaftlichen Höhepunkte lagen an diesem Tag leider im Dunst. Wir erfreuten uns jedoch an den schönen Gärten vor dem Schloss und jenen auf der rechten Seite.
 
Wir gingen dann in das Café-Restaurant, um uns aufzuwärmen. Es regnete kurz vorher etwas, und die Temperatur sank bestimmt auf unter 10 °C. Dann verzehrten wir den köstlichen Apfel- und Rhabarberkuchen. Dazu konsumierten wir Milchkaffee, und ein Mitwanderer labte sich an einem Gutedel.
 
Das Café ist heimelig und romantisch. An etlichen Wänden sind in Zierschrift einige Gedichte vom Breiti-Lieseli (Liesel Meier) und von Lina Kromer (1889‒1977) aufgemalt. Hier das Gedicht von Breiti-Lieseli:
Un mir, mir chönnt mes nit verbiete,
ne Stückli Heimet würds all bliiebe!
Drum müen mir au des Bürgle hüete
So wies dr Hebel schon beschriibe.“
Nach dem Aufwärmen und der Stärkung mit Speis und Trank wanderten wir auf dem Klosterhaldenweg und Bürgler Weg innert 45 Minuten nach St. Johannis Breite zurück. Ein Teilstück mussten wir auf einem matschigen Weg talwärts laufen. Vorsicht war hier angesagt. Keiner machte ein „Schlammbad“ auf dieser Wegstrecke.
 
Toni hatte nicht zu viel versprochen. Er hatte es wieder verstanden, eine schöne und interessante Rundwanderung auszuknobeln. Dafür war ihm unser Dank gewiss.
 
Internet
 
Literatur
Aichele, Dietmar: „Was blüht denn da?“, Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 1991.
Scholz, Heinz; Hiepe, Frank: „Arnika und Frauenwohl“, Ipa Verlag, Mühlacker/Mühlhausen (jetzt Vaihingen) 2013.
 
Blog über Schloss Bürgeln von Walter Hess
 
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