Textatelier
BLOG vom: 06.07.2013

Sicher? Philosophische Erkenntnisse & Lebensweisheiten

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Er liest in einem Philosophiebuch und hört nicht zu, was sie sagt.
 
Um Ärger zu vermeiden, tut er aber so und fragt:
 
Wirklich?
Ich bin sicher.
 
Wie kannst du sicher sein?
So sicher, wie man sein kann!
 
Also relativ sicher?
Jedenfalls zweifele ich nicht daran!
 
Du glaubst also, sicher zu sein?
So sicher wie das Amen in der Kirche!
 
Das bedeutet aber, nicht sicher zu sein!
Amen heisst ‚zuverlässig’.
 
‚Amen’ ist lateinisch und bedeutet‚ ,so soll es geschehen’.
So sei es und so wird es sein, da bin ich sicher.
 
Das ist Wunschdenken!
Nein, das ist meine Überzeugung!
 
Das ist ein Dogma, also Glauben.
Wieso?
 
Wann warst du zuletzt in der Kirche?
Was hat das damit zu tun?
 
Glauben heisst jedenfalls „nicht wissen“!
Ich weiss es aber!
 
Woher hast du dieses Wissen denn?
Weil es immer so war!
 
Du meinst, dann muss es auch immer so sein?
Die Bedingungen haben sich jedenfalls nicht geändert.
 
Und worauf fussen die Bedingungen?
So war es eben.
 
Also auf früheren Bedingungen?
Und auf den Menschenverstand.
 
Und der sagt dir: du kannst sicher sein?
Genau!
 
Wenn du dich da mal nicht täuscht!
Na ja, vollkommen sicher kann man nie sein!
 
Also bist du dir doch nicht sicher?
Ich bin mir relativ sicher!
 
Was verstehst du denn unter „relativ“?
Bedingt und verhältnismässig.
 
Bedingt und verhältnismässig zu was?
Habe ich doch schon gesagt:  zu früheren Erfahrungen!
 
Deine Erfahrungen sind unzweifelhaft?
Ohne Frage!
 
Und die haben dich noch nie in die Irre geführt?
Ich meine die Erkenntnisse aus den Erfahrungen!
 
Grundlegende Erkenntnisse?
Erkenntnisse, die ich im Leben gewonnen habe!
 
Und die lassen dich nicht zweifeln?
Sie haben mich zu Weisheiten geführt!
 
Du bist also weise?
Ja!
 
Und was verstehst du darunter?
Reife, Verstand, Klugheit!
 
Ich verstehe darunter etwas anderes!
Und was?
 
„Zweifel ist der Weisheit Anfang“, sagt René Descartes.
Was meint er damit?
 
Je mehr ich weiss, desto mehr weiss ich, dass ich nichts weiss!
Bist du sicher?
 
Relativ sicher! Denn auch das Wissen ist nicht sicher!
Also gut, du sagst, ich kann mir nicht sicher sein!
 
Und was sind die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis?
Dass es keine vollkommenen Sicherheiten gibt!
 
Wie kannst du dir so sicher sein?
So sicher, wie ich sein kann, und das ist ein Begründungsendpunkt!
 
Du verzichtest also auf den Absolutheitsanspruch?
Absolut!
 
Du bist dir also nicht mehr sicher?
Du hast mich zum Zweifeln gebracht!
 
Du zweifelst daran, ob du sicher bist?
Kritischer Zweifel ist angebracht, nicht wahr?
 
Du meinst Skepsis gegenüber deinen Erkenntnissen?
Was willst du damit sagen?
 
Dass objektive Gründe nicht ausreichen!
Du bringst mich nicht nur zum Zweifeln, sondern zur Verzweiflung!
 
Worüber warst du anfänglich denn so sicher?
Habe ich doch gesagt, schon vergessen?
 
Was hast du denn gesagt?
Dass der Kühlschrank leer ist und wir einkaufen müssen!
 
Und warum sagst du das nicht gleich?
Wer hat meine Meinung denn in Frage gestellt? Du doch!
 
Und was jetzt?
Jetzt gehen wir essen!
 
Nicht einkaufen?
Mit relativer Sicherheit sind jetzt die Läden schon zu!
 
Siehst du, man kann nie ganz sicher sein!
Wir gehen jetzt ins Restaurant, und du zahlst!
 
Bist du dir sicher?
Den Zweifel nehme ich dir! Nimm’ die Kreditkarte mit!
 
 
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