Textatelier
BLOG vom: 12.07.2012

Gelenkverschleiss: Wenn das Knie operiert werden muss

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Das Krankenhaus gibt nach der Arthroskopie einen Bericht für den Hausarzt:
 
Diagnose: Chondromalazie IV der medialen Femurkondyle links; Innenmeniskusläsion links, Aussenmeniskusdegeneration links.
Operation: Arthroskopie des linken Kniegelenks mit subtotaler Innenmeniskusresektion, Mikrofrakturierung und Chondroplastik der medialen Femurkondyle, Aussenmeniskustrimming, Plica- und Hoffa-Resektion.
 
Der Patient ist natürlich daran interessiert, was mit ihm los ist, denn er ist mündig. Die Ärzte sind nicht mehr „die Götter in Weiss“, auch wenn die Fachsprache das suggeriert.
 
Er hatte Schmerzen am linken Knie, humpelte. Der Hausarzt sagte, das sei eine Arthrose und empfahl, mal nachschauen und, wenn es sinnvoll erscheine, gleich operieren zu lassen. Eine Arthrose ist eine Gelenkschädigung durch Abnutzung. Na gut, nach 50 Lebensjahren ist eine Abnutzung normal ...
 
Aber deshalb erst Medizin studieren? Ein bisschen zuviel verlangt! Gut, dass es das Internet gibt! Chondro heisst lat. Knorpel, der puffert die mechanische Belastung ab und schützt das Gelenk. Eine Chondromalazie ist ein Knorpelschaden, eine Aufweichung des Knorpelgewebs, „IV“ ist schon das höchste, nämlich eine sogenannte „Knorpelglatze“. Femurkondyle sind diese Fortsätze des Gelenks, die am Ende wie Köpfe aussehen. Das könnte heissen: Man benötigt ein neues Gelenk, aber hier ist der Patient noch einmal davongekommen. Chondroplastik bedeutet also, dass der Arzt an dem Schaden etwas repariert hat; er hat den Knorpel geglättet, denn Plastik heisst Formung, durch eine Knochenmarkstimulierung mittels einiger Löcher, also der Mikrofrakturierung, wird der Knorpel angeregt, wieder Gewebe aufzubauen. Der Menikus innen wurde teilweise entfernt, das ist eine Resektion, aussen wurde ein Trimming durchgeführt, also mittels einer Fräse wurde das Gewebe geglättet, um eine Regeneration und eine narbige Ausheilung zu erreichen. Bleibt noch die teilweise Entfernung der Plica und Hoffa. Plica ist eine Umschlagfalte der Gelenkschleimhaut, sie ragt in die innere Gelenkhöhle des Kniegelenks. Wenn sie entzündet ist und zwar durch unausgeglichenen Muskelzug und die Entzündung nicht zu therapieren ist, wird sie entfernt. Der Hoffa'sche Fettkörper liegt im vorderen Kniegelenkabschnitt hinter der Kniescheibensehne (Patellarsehne). Durch eine Überlastung dieses Gelenkabschnitts oder im Rahmen eines Kniegelenkverschleisses kann es zu einer Entzündung mit Vergrösserung des Hoffa`schen Fettkörpers kommen. Aufgrund der hohen Dichte von Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) in diesem Bereich können sich hierdurch dauerhafte vordere Knieschmerzen entwickeln. Er wird dann ebenso teilweise entfernt.
 
Für den Operateur ist es eine Routinesache. Der Patient darf am nächsten Tag, wenn die Vollnarkose problemlos verlaufen ist, schnell wieder nach Hause. Das Krankenhausbett wird wieder benötigt, und das Operieren bringt Geld.
 
Das war es! Und jetzt heisst es zuerst das Bein nicht belasten und hoffen, die Schmerzen sind auszuhalten. Wenn alles geklappt hat, kann der Patient in einigen Monaten wieder laufen. Wie gesagt, wenn alles geklappt hat!
 
Die Orthopädie und vor allem die orthopädischen Operationen sind sehr problematisch. Viele meiner Bekannten, die sie über sich haben ergehen lassen, sind auch nach Monaten danach nicht zufrieden, haben „mehr Schmerzen als vorher“, bekamen Entzündungen, die nur schwer zu bekämpfen waren und würden die Operation nie wieder mit sich machen lassen. So schreibt der Focus: „Patienten wehren sich immer öfter: Bei orthopädischen Eingriffen geschehen offenbar die meisten medizinischen Pannen.“
 
Wenn dazu immer wieder in den Medien behauptet wird, in Deutschland werde zu viel operiert, schliesst sich der Kreis. Ärzte sind nicht mehr „Götter in Weiss“, machen folglich auch Fehler, und je häufiger behandelt wird, desto mehr Fehler kommen vor.
 
Mein Fazit: Einigermassen gesund leben. Wenn irgend möglich, auch bei Empfehlung des Arztes nicht gleich operieren lassen, sondern eine 2. Meinung einholen. Das Internet ist ein guter Ratgeber, wenn es auch den Arztbesuch nicht ersetzen kann. Ich habe gute Erfahrungen mit Glukosamin gemacht, als mein Knie schmerzte. Inzwischen bin ich schmerzfrei! Aber was habe ich im Internet gelernt: Eine Arthrose kann auch schmerzfrei verlaufen, der Verschleiss geht trotzdem weiter! – Bleiben Sie gesund!
 
Internetbezug
FOCUS Online: http://www.focus.de/gesundheit/news/brennpunkt-behandlungsfehler_aid_314768.html
 
 
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