Textatelier
BLOG vom: 29.01.2012

Begehrte Scheusslichkeiten: Jagdtrophäen und Reliquien

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Jagdtrophäen
Scheusslich und ekelhaft, wie viele Jagdtrophäen wie Geweihe, Hörner usw. mit oder ohne Schädelplatten, in ländlichen Gaststätten hoch an Wänden hängen und mir auf den Magen schlagen.
 
Hinzu kommen Löwen- und Tigerfelle, als Jagdbeute protzig und gleich Teppichen in Wohnungen ausgebreitet oder als Überwurfe über Polstermöbel geworfen. Der Jagdtourismus floriert noch immer.
 
Kleine Lebewesen werden nicht besser behandelt: Mit dem Netz erjagte Schmetterlinge gelangen, mit der Stecknadel durchstochen, in Ausstellungsvitrinen. Neuerdings sind ausgestopfte Vögel, Marder, Fische – wie einst in der viktorianischen Zeit – geschätzt und wieder sammelwürdig geworden.
 
Kaum waren die Eisenbahnschienen in Nordamerika gelegt, wurde von den schiesswütigen Einwanderern aus den Fenstern der Züge auf die Büffelherden so lange geschossen, bis sie ausgemerzt waren. Die Fallensteller in Kanada erbeuteten nicht nur Biberfelle, sondern auch die Kopfhäute (Skalps) der Eingeborenen. Diese Kopfjagd wurde von der Regierung unterstützt und mit Prämien belohnt. Der gute Pfarrer Frye habe in 1722 bis zu 100 Pfund pro Skalp verdient. Dieses abscheuliche Gemetzel wurde auch in anderen Teilen von Amerika gefördert. (Wer mehr darüber erfahren möchte, kann unter
nachschlagen.)
 
Als ich noch für SRI-International in Croydon (London) arbeitete, bezog ein Amerikaner sein Büro. Das gruselige Objekt, das er links beim Eingang als Schirmständer hinstellte, war ein ausgehöhlter Elefantenfuss …
 
Relikte
Die Preise für Titanic-Relikte sind hochgeschnellt, genauso wie jene für Nazi-Relikte. Was verlockt so viele Sammler, diese Überreste tragischer Geschehnisse zu erwerben? Makabere Impulse.
 
Der christliche Reliquienkult vom Turiner Grabtuch bis zu Knochensplittern von Heiligen gehören mit zu den bizarren religiösen Auswüchsen, die auch in anderen Religionen vorkommen. Sie verlocken Pilger herdenweise nach Mekka oder Lourdes, unter vielen anderen Wallfahrtsorten. Der Souvenirhandel mit Amuletten füttert die Händler und nährt den Aberglauben.
 
Auch meine Mutter hat Relikte gesammelt – nämlich meine Milchzähne in einem Wattenbausch in einer Zündholzschachtel aufbewahrt. Das werfe ich ihr gewiss nicht vor, aber ich habe dieses Schächtelchen aus ihrem Nachlass schleunigst weggeworfen …
 
Fossilien
Endlich ein Thema, das mich als Kind gefesselt hat, wenn immer ich an verschiedenen Fundstellen nach versteinerten Ammoniten, Haizähnen und Muscheln schürfte. Eine versteinerte Libelle wurde im Jura entdeckt, leider nicht von mir. Auch habe ich keinen einzigen Ammoniten (Kopffüssler aus dem Urmeer) gefunden, geschweige denn versteinertes Wasser …
 
Wohin ist meine Schuhschachtel voller Fossilien verschwunden? Ich müsste lange suchen und vergeblich danach graben. Immerhin sind mir die angenehmen Erinnerungen an meine Fossiliensuche erhalten geblieben.
 
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