Textatelier
BLOG vom: 04.11.2011

Sanddorn: Die „Zitrone des Nordens“ und die „Ostseeliebe“

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Seit unserem Urlaub in Binz D auf Rügen weiss ich, was die „Ostseeliebe“ ist. Es ist keine besonders intensive Zweierbeziehung im hohen Norden, sondern eine Bio-Konfitüre. Der Fruchtgenuss aus Sanddorn und Erdbeere wird nach alten Rezepten schonend hergestellt. Als ich das in einem Geschäft in Binz D entdeckte, kaufte ich dieses Produkt. Nun haben wir einen kleinen Vorrat von dieser Köstlichkeit.
 
In Binz entdeckten wir auch noch ganz andere Sanddornprodukte. Ich wusste gar nicht, dass es so viele Produkte aus dieser „Zitrone des Nordens“ gibt. Hier einige Beispiele: Säfte, Sanddorn-Likör, Sanddorn-Schnaps, Sanddorn-Wein, Sanddorn-Honig, Gelee bzw. Konfitüre in Kombination mit Ingwer, Holunder, Orange, Vanille, Pfirsich, Himbeere, Pflaume, Apfel/Zimt bzw. Zitrone. Damit noch nicht genug: In einem Geschäft in der Hauptstrasse in Binz gab es Bonbons, Pralinen, Gummi-Bärchen, Kekse, verschiedene Senfzubereitungen, Cremes, Seifen, kosmetische Produkte, Sanddorn-Fruchtfleischöl und Sanddorn-Kernöl (www.sanddorn.de).
 
Wir kauften u. a. auch den „Kräuter-Sanddorn-Tee“. Dieser enthält Hagebuttenschalen, Apfelstücke, Lemongras, Weidenröschen, Zichorienwurzel, Weissdornblätter, Sanddornbeeren, Löwenzahnkraut, Schlehdornblüten, grüner Rooibos, Orangenschalen und Rosenblätter. Dieser vollmundige Tee schmeckt uns besonders gut.
 
„Sanddorn ist ein wahrer Schatz der Natur“ und „Sanddorn – Rügens Antwort auf die Kiwi“ konnte ich in diversen Werbeschriften lesen. Betrachten wir einmal, ob an diesen Versprechungen etwas dran ist.
 
Enthält viel Vitamin C
Der zu den Ölweidengewächsen zählende Sanddorn (Hippophae rhamnoides) ist nach der Hagebutte unser grösster Vitamin-C-Spender (bis 450 mg/100 g essbarer Anteil). Die kleinen orangeroten Beeren enthalten 7 bis 9 Mal mehr Vitamin C (Ascorbinsäure) als die Orange oder Zitrone. Schon aus diesem Grunde wird der Sanddorn als „Zitrone des Nordens“ bezeichnet.
 
Weitere Inhaltsstoffe sind: Karotinoide (z. B. Beta-Karotin = Provitamin A), B-Vitamine, Vitamin E, Flavone, Kalium, Magnesium, organische Säuren, Kohlenhydrate.
 
Das Fruchtfleisch-, Kern- und Tresteröl hat einen hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Palmitinsäure, Tocopherole (Vitamin E) und Karotinoiden.
 
Befestigt Böden
Der sehr widerstandsfähige Sanddorn wächst gerade in einem rauen Klima an Meeresküsten und auf kargen Dünen und auf sandigen und nährstoffarmen Böden. Dort befestigt er auf Grund des weitverzweigten Wurzelwerks die Böden. Das Wurzelsystem reicht von 1,5 bis 3 m in die Tiefe und in waagrechter bzw. schräger Richtung bis zu 12 m nach allen Seiten.
 
Der Sanddorn lebt übrigens in Symbiose mit Luftstickstoff bindenden Frankia-Bakterien. Dadurch ist der Luftstickstoff für die Pflanze zugänglich und ermöglicht das Gedeihen in extremen Lagen.
 
Der Sanddorn ist übrigens ein 2-häusiger Strauch. Es befinden sich also weibliche und männliche Blüten auf getrennten Sträuchern.
 
Der Sanddorn wächst besonders in den Alpen, im Alpenvorland, an der Donau, am Bodensee, im Rheintal, auf den friesischen Inseln (z. B. Juist), an der Ostseeküste, insbesondere auf Rügen. Vor einigen Jahren entdeckte ich am Altrhein bei Bad Bellingen unweit der Autobahn wilde Sanddornbüsche, die ich natürlich fotografierte.
 
Der grösste Produzent von Sanddorn ist übrigens China mit einer Anbaufläche von 1 Million Hektar. Die Anbauflächen in Deutschland sind somit relativ bescheiden. Laut www.br-online.de gibt es in Deutschland nur wenige Hundert Hektar Anbaufläche.
 
Wie ich von einem Geschäftsführer in Binz erfuhr, wird der Sanddorn in Plantagen im Norden von Rügen angebaut. Die Ernte der Beeren (botanisch gesehen ist es eine steinfruchtartige Scheinbeere) erfolgt von Ende August bis Mitte Oktober. Aus Zeitgründen konnte ich keine solche Plantage besichtigen. Dafür labte ich mich täglich mit einem kalten Sanddorn-Fruchtsaft (Konzentrat verdünnt mit Mineralwasser 1:4; 1 Euro pro 200 ml) in dem erwähnten Geschäft in Binz. Dort gab es nicht nur kalten, sondern auch heissen Sanddornsaft mit oder ohne Wodka (1,80 Euro pro 200 ml). Die Touristen kauften diesen Saft wie verrückt. Jedermann konnte darüber hinaus Liköre mit und ohne Sahne kostenlos probieren.
 
Der Gesundmacher
Der Sanddorn stärkt als natürlicher Multivitaminlieferant unsere Abwehrkräfte. Aus diesem Grunde sollten wir in der Erkältungszeit öfters Sanddorn zu uns nehmen. Wir nehmen dann den Sanddorn-Muttersaft von Schoenenberger ein. Dieser Muttersaft enthält die Gesamtheit der wertvollen Inhaltsstoffe in natürlicher unverfälschter Zusammensetzung, ohne jegliche Zusätze, wie zum Beispiel Acerola. Den Saft verdünne ich mit Apfelsaft oder anderen Säften.
 
Sanddorn hilft auch in der Rekonvaleszenz und bei körperlicher Schwäche. Er bringt wieder neuen Schwung in die lahmen Glieder. Eine Krebsheilung oder Gefässverjüngung, wie schon behauptet wurde, kann man von den Beeren nicht erwarten.
 
Sanddornöl in der Hautpflege
In diversen Publikationen wurde das Fruchtfleischöl und Kernöl euphorisch als „Naturheilmittel der Zukunft“ bezeichnet. Unbestritten ist jedoch die Empfehlung des Sanddornöls in der Kosmetik und Hautpflege. So wurde in Russland das Öl zur Vorbeugung und Heilung von Hautschäden nach Röntgen- oder Radiumbestrahlung verwendet.
 
Infolge der Inhaltsstoffe eignet sich das Öl nicht nur zur Wundheilung, sondern hilft auch bei Sonnenbrand, Druckgeschwüren, Dekubitus (Wundliegen) und verhindert Pigmentflecken vor weiterer Bräunung. „Bei allen wiederkehrenden chronischen Hautleiden – Hautauschläge, Ekzeme, Schuppenflechte, Hautallergien, Neurodermitis – ist eine Anwendung einen Versuch wert, obwohl reines Sanddornöl teuer ist“, wurde in einer Gesundheitssendung des Bayerischen Fernsehens berichtet (www.br-online.de).
 
In der „Vitality-Spa-Abteilung“ unseres Hotels („Hotel am Meer“) waren sogar die folgenden Anwendungen mit Sanddornöl im Programm: Sanddorn-Bad, Sanddorn-Packung.
 
Anhang
Gehalt an Vitamin C in verschiedenen Früchten
(mg Vitamin C in 100 g essbarem Anteil)
 
Hagebutte                               1250 mg
Sanddorn                                  450 mg
Schwarze Johannisbeere      175 mg
Eberesche                                100 mg
Kiwi                                               70 mg
Erdbeere                                      65 mg
Orange, Zitrone                           50 mg
 
Anmerkung: Der Gehalt an Vitamin C hängt von der Erntezeit und Lagerung ab. Bei Kiwis werden Schwankungsbreiten von 20 bis 300 mg angegeben (laut Fachmann, Souci, Kraut).
 
Literatur
Buser, Daems, Pelikan: „Der Sanddorn“, Weleda Verlag, Arlesheim 1964.
Funke, Hans: „Sanddorn – Wächter der Gesundheit“, „Reform-Rundschau“, 1987‒09.
Luetjohann, Sylvia: „Sanddorn: Starke Frucht und heilsames Öl“, Windpferd Verlagsgesellschaft, Oberstdorf 2001.
Scholz, Heinz: „Die Parade der `Wilden`“ (Wildfrüchte und Wildbeeren), „Natürlich“, 1997-10.
Souci, Fachmann, Kraut: „Lebensmitteltabelle für die Praxis“, wvg mbH, Stuttgart 2004.
Weber, Marlis; Küllenberg, Bernd: „Natürlich gesund mit Sanddorn“, Ludwig Buchverlag, München 1999.
Vonarburg, Bruno: „Pralle Beere – volle Lebenskraft“, „Natürlich“, 1989-02.
Weleda-Nachrichten: „Sanddornbeeren – Vitalität aus der Toskana“, Arlesheim und Schwäbisch Gmünd 2006.
Wolf, Dieter: „Sanddorn – ein Multivitamingehölz“, „PrimaVita“, 1991-01/02.
 
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