Textatelier
BLOG vom: 04.06.2011

Fusstagung Burgdorf (1): Zehensprache und ein Linsenbrot

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Bei der Fuss-Fachtagung 2011 der Simon Keller AG in Burgdorf erhielt ich von Marketingchef Markus Jampen die Einladung, 2 Vorträge am 28.05.2011 zu halten. Ich sagte zu und schlug einige Themen zur Auswahl vor. Es wurden folgende Referate mit Power-Point-Präsentationen ausgewählt: „Heilkräuter und Vitamine für Füsse und Beine“ und „Welche Nährstoffe brauchen die älteren Menschen und Diabetiker?“
 
Burgdorf in Kanton Bern
Burgdorf ist ein zauberhaftes Städtchen (www.burgdorf.ch) mit einer historischen Altstadt und prächtigen Bauten. Besonders beeindruckend ist das 800-jährige Schloss. Es ist die besterhaltene zähringische Schlossanlage der Schweiz. Im Schloss sind das Schlossmuseum, Museum für Völkerkunde und das Helvetische Goldmuseum untergebracht (www.kulturschloss.ch). Leider sah ich das Schloss nur von der Ferne, zumal ich mit dem Zug anreiste und gleich nach der Ankunft aus Zeitgründen die 200 m entfernte Simon Keller AG aufsuchen musste. Aber vielleicht gibt es einmal ein Wiedersehen mit der zauberhaften Stadt. Wie ich hörte, werden in Burgdorf interessante historische Führungen angeboten.
 
Der Fusspflege zugetan
Die Simon Keller AG (www.simonkeller.ch) ist die führende Schweizer Fachhandelsfirma mit 40-jähriger Berufserfahrung. In einer Erlebnisausstellung auf 2000 m2 findet man alles für Podologie/Fusspflege, Kosmetik, Massage, Wellness, Spa (im deutschen Sprachraum Oberbegriff für Gesundheits- und Wellness-Einrichtungen) und Physiotherapie. Die Firma hat 12 000 Artikel am Lager. Im 1. Stock befindet sich eine faszinierende Spa-Erlebniswelt mit 6 unterschiedlichen Kabinen. Die Firma sponsert seit vielen Jahren das Swiss Physio Team an den Olympischen Spielen. Die Firma bietet auch eine umfangreiche Aus- und Weiterbildung in den Bereichen Kosmetik, Wellness, Fusspflege, Massage, Physiotherapie an, ausserdem Produkte-Schulungen.
 
Seit 4 Jahren wird die Fuss-Fachtagung für Podologen, Podologinnen und Fusspflegerinnen durchgeführt. Parallel werden jeweils mehrere Programmpunkte behandelt. Die Veranstaltungen sind immer sehr gut besucht. In diesem Jahr konnten sich 330 Besucher und Besucherinnen die Fachreferate in den Räumen „Gran Canaria“, „La Palma“ und „Fuerteventura“ anhören. Die Wahl fiel den meisten sehr schwer. Einige Podologinnen, die ich während den Pausen sprach, bedauerten, dass sie das eine oder andere Referat nicht hören konnten, weil sich die Ansprachen überlappten.
 
Die Auswahl an Themen war sehr vielseitig. So konnten sich die Teilnehmer u. a. über folgende Themen informieren: Onychomykose, Nagelkrankheiten, Vorfussdeformitäten (Andreas Schmidt, Podologe und Zertifizierter Ausbildungsleiter aus TrebenD), Traditionelle Chinesische Medizin bei fussspezifischen Krankheitsbildern (Dr. chin. Jingbo Lin, TCM-Arzt und therapeutischer Leiter, ChinaMed Zentrum. Eine charmante chinesische Dolmetscherin übersetzte die Ausführungen vom Chinesischen ins Deutsche. Das war für mich aussergewöhnlich).
 
Feng Shui und Zehenlesen
Aber nicht nur Referate wurden angeboten, sondern auch Live-Demos, Workshops und Tests (Feng Shui in der Fusspflegepraxis, Achillex-Ausmessung, podotherapeutische Laufstilanalyse, Chinesische Harmonielehre, Druckentlastung, ätherische Öle u. a.).
 
Gerade Feng Shui, eine Jahrtausende Harmonielehre aus China, wird heute vermehrt im geschäftlichen und im privaten Bereich von Leuten angewandt, die einen „grösseren Geschäftserfolg anstreben oder privat als lebensnotwendiger Ausgleich zur Alltagshektik sich mehr Qualität und Wohlbefinden erhoffen“, so eine Werbeaussage. Workshops werden laufend in Burgdorf und Dübendorf angeboten.
 
Während einer Live-Demo wurde auf die „Sprache der Zehen“ hingewiesen. Der Holländer Imre Somogyi befasste sich schon in den 90er-Jahren mit diesem Thema. Er fand heraus, dass nicht nur die druckempfindlichsten Stellen am Fuss, die wir von der Fussreflexzonentherapie her kennen, etwas über den Zustand des Körpers aussagen, sondern auch der Stand und die Form der Zehen. Bisher haben in der Schweiz etwa 300 Frauen und Männer die Grund- und Ausbaukurse in Zehensprache besucht. Die meisten sind im Gesundheitsbereich tätig.
 
Über das Zehenlesen habe ich bereits in der Zeitschrift „Podologie“, Heft 1, 1999 berichtet. Damals hatte ich auch das Vergnügen, ein Interview mit Imre Somogyi zu führen.
 
Für das leibliche Wohl
Die Simon Keller AG hat sehr grosse moderne und helle Verkaufs- und Ausstellungsräume. Anlässlich der Fuss-Fachtagung wurde ein grosses weisses Imbisszelt im Hof der Firma aufgestellt. Dort konnte man herrlich relaxen (wenn man schon vor der turbulenten Mittagszeit dort weilte) und sich mit Speisen und Getränke verwöhnen lassen. Auf den Tischen erfreuten sehr schöne Rosen-Bouquets das Auge.
 
Die Firma sorgte für einen besonderen Höhepunkt in der Speisenwahl, nämlich Köstlichkeiten aus der ayurvedischen indischen Küche. Die Speisen wurden vom 3dosha ayurveda Restaurant in Bern von der Familie Satkunam zubereitet (http://3dosha.ch/angebot/restaurant.html). Folgende Speisen standen zur Auswahl: Gemüsecurry an Garam Masala und Kokossauce, Linsen Dahl, Basmati Reis, Pouletfleisch, Riatta, Tomaten Chutney, Papadam, Apfel-/Currysalat, Grüner Salat. Besonderen Zuspruch fand das Indische Linsenbrot (wird aus Mehl von Linsen oder Kichererbsen bereitet; Rezept gibt es unter www.chefkoch.de). Die Speisen waren würzig, manche scharf (besonders eine Sosse) und exotisch. Ein Fest für die Sinne.
 
Nach dem Mittagsmahl suchten zunächst verzweifelt einige Damen und auch meine Wenigkeit nach einer süssen Nachspeise. Aber wir sahen vorerst keine. Dann wurde von einer Küchenhelferin ein grosser Topf mit Quark-Mangocreme hereingebracht, und das Verteilen in kleineren Schüsseln mit einer grossen Kelle begann. Die Creme schmeckte vorzüglich. Später wurden die noch Hungrigen mit Schokoladenkuchen und Kaffee verwöhnt.
 
Fussambulanz-Wagen im Hof
Im Hof vor dem Zelt sah ich eine Besonderheit, nämlich einen Fussambulanz-Wagen für die mobile Fusspflege. Die Fussspezialisten können den Wagen mieten. In diesem Wagen sind sämtliche Materialien für die Fusspflege und ein Behandlungsstuhl vorhanden. Die Patienten können dann bequem zu Hause oder im Altersheim behandelt werden. Sie müssen dann nur den Ambulanzwagen aufsuchen. Ein solcher Wagen eignet sich auch für die Präsentation an einer Gewerbeausstellung.
 
Interessante Gespräche am Rande
Während den Pausen konnte ich mich mit Podologinnen, Fusspflegerinnen und Masseurinnen unterhalten. Bei solchen Veranstaltungen suche ich immer wieder das Gespräch, da erfährt man viel Interessantes. Auf der anderen Seite wirkten vor einer solchen Unterhaltung die Angesprochenen reserviert und etwas unnahbar. Dies änderte sich dann schlagartig. Viele waren froh, wenn sie über Dinge aus ihrem Beruf berichten konnten. Es gab aber auch amüsante Geschichten. Hier einige Beispiele:
 
Auf meine Frage, ob es in ihrer Praxis viele Leute gebe, die über Krankheiten sprechen und den einen oder anderen Rat haben wollen, antwortete eine etwa 50-Jährige: „Die meisten wollen nur quatschen.“ Das bestätigte mir auch eine junge hübsche Podologin, die am selben Tisch sass. Es gibt aber auch, wie mir bestätigt wurde, viele positive Gespräche mit den  Patienten bzw. Kunden.
 
Eine andere Podologin möchte in ihrer Praxis Nahrungsergänzungsmittel anbieten. Sie bemängelte, dass ich in meinen Vorträgen keine Firmen nannte. Ich sagte ihr, dass solche Referate keine Werbeaussagen enthalten sollen. Aber es gibt natürlich Firmenveranstaltungen, die dann gesponsert werden. Ich gab der Frau den Rat, sie möchte doch im Internet mit Hilfe einer Suchmaschine unter Nahrungsergänzungsmittel bzw. Grosshändler für diese Produkte nachsehen.
 
In einer anderen Pause kam ich mit einer Frau ins Gespräch, die viele Sommersprossen in ihrem Gesicht hatte. Da sie bei meinem Vortrag über Heilpflanzen anwesend war, wollte sie wissen, was sie von der Empfehlung ihrer Freundin halte: „Sie sagte zu mir, sie behandle ihre Sommersprossen mit Tau und einen Auszug aus Gänseblümchen (die Köpfchen werden über Nacht ins Wasser gelegt). Ich solle ihr Rezept einmal ausprobieren.“
 
Ein solches Rezept könne nicht schaden, war meine Bemerkung. Äusserlich angewandt, wirkt das Gänseblümchen (Massliebchen, Tausendschön) entkrampfend, entspannend, wundheilend, antirheumatisch und entzündungshemmend. Indikationen sind Folgende: Entzündungen in Magen und Darm, Hautprobleme (Ausschläge, Akne, Ekzeme, Eiterprozesse, Furunkeln). Ich fand jedoch in der Literatur keinen Hinweis auf die Wirkung bei Sommersprossen.
 
Auch wenn das Rezept bei der Frau nichts nützt, braucht sie nicht traurig zu sein. Ich fand die kleinen punktförmigen Sommersprossen in ihrem Gesicht zwar ungewöhnlich, aber reizvoll. Ich könnte sie mir gar nicht ohne Sommersprossen vorstellen. Wie in Suchmaschinen unter dem Stichwort „Sommersprossen“ nachzulesen ist, gibt es Sommersprossenträger, die zufrieden sind, aber auch solche, die sie hassen. Sommersprossen werden per Laser oder mit Spezialsalben (z. B. Roche Posay Mela-D Tagescreme) behandelt. Wiederum andere suchen Hilfe bei Hausmitteln wie Zitronensaft oder Buttermilch (mehrmals täglich die Sprossen betupfen).
 
Dann wollte sie noch ein Mittel bei Wechseljahrbeschwerden wissen. Ich empfahl Rotklee und Isoflavone aus Soja. Diese enthalten Phytoöstrogene mit einer schwachen Östrogenwirkung. Im Rotklee sind 4 wichtige Isoflavone anzutreffen (siehe Blog vom 10.05.2007: Rotklee: Stampfbrot, gegen Beschwerden der Wechseljahre).
 
Während einer Pause nach meinem Ernährungsvortrag konnte sich eine Frau nicht mehr zurückhalten. Sie sagte, viele Männer (einschliesslich ihr Mann) würden von Ernährungsratschlägen wenig halten. „Er möchte immer nur Fleisch“, erklärte sie resignierend. Ich konnte ihr nur den Ratschlag geben, sie möge doch Überzeugungsarbeit leisten und ab und zu eine andere leckere Speise ohne Fleisch auf den Tisch bringen.
 
Dann erwähnte sie noch dies: Sie kenne etliche Männer, die sich so ungesund ernähren und doch ein passables Alter erreicht hätten. Dies könne schon stimmen, gab ich ihr zu verstehen und ergänzte, dass diese ungesund Ernährten wegen ihren Beschwerden als Folge der Fehlernährung oft unzählige Tabletten schlucken müssen. Sie gab mir Recht.
 
Die Veranstaltung war wieder ein voller Erfolg. Sie fand in einer angenehmen Atmosphäre statt.
 
Die 1. Reaktion erhielt ich bereits von Vreni Steiner-Zollinger (Vrenis Massage- und Therapiepraxis) von 8610 Uster. Sie schrieb: „Die Fuss-Fachtagung hat mich sehr beeindruckt. Ich konnte gestern und heute von Ihrem Vortrag Gebrauch machen und meine Kunden beraten. Diese waren beeindruckt, was für Folgen Vitaminmangel oder Mangel von Spurenelementen haben können. Ihr Vortrag hatte mich sehr interessiert, und er war auch sehr lehrreich.“
 
Über meine beiden Vorträge werde ich in weiteren Blogs berichten.
 
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