Textatelier
BLOG vom: 04.07.2010

Rück- und Ausblick: Es gibt noch viel anderes zu tun …

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Ich habe mich entschlossen, mich von meiner Beratungsfirma auf dem Lebensmittelsektor zu entbinden. Dazu ist es höchste Zeit, meine ich. Aber jede Entbindung braucht Zeit. Ein Lebensabschnitt mündet in den nächsten. Und dieser nächste Abschnitt ist mir wohlvertraut. Er ist eigentlich immer mein erstes und nächstes Anliegen geblieben: das Schreiben. Das Ergebnis findet sich in Schubladen, vollgestopft mit Texten aller Art, worunter auch die „Scherenschnitte“ meiner in Zeitschriften veröffentlichten Beiträge.
 
Seit 2005 sind neue Beiträge als Blogs im Textatelier.com eingelagert und dort gut aufgehoben. Die Schreibarbeiten meines Brotberufs hingegen können endlich entsorgt werden – mit einem Seufzer der Erleichterung.
 
Ich muss dieses Blog für mich selbst schreiben, um nicht wankelmütig zu werden. Rückblick und Ausblick bedingen einander. Ich denke dabei an die einfühlsam geschilderten Wanderungen von Walter Hess in seiner nächsten Umgebung (Beispiel: Blog vom 25.03.2009: Ruine Königstein, Küttigen – geheimnisvoller Trümmerhaufen).
 
Im Rückblick erkenne ich, dass ich hauptberuflich viel gereist bin und dabei viel erlebt habe, besonders in den für mich selbst abgezweigten Zwischenpausen. Solche Pausen habe ich immer wieder eingeschoben, der „hygiène mentale“ (Psychohygiene) zuliebe, wie der Franzose sagt. Im Ausblick möchte ich engere Kreise ziehen, rund um meine Lieblingsthemen herum. Diese Kreise, das weiss ich, werden auseinanderwellen wie nach einem Steinwurf im Teich. Neue und oft unerwartete Eindrücke werde ich dabei erhaschen, die ich verarbeiten kann.
 
Wie ich schreibe, fällt mir mein Manuskripttitel „Zwischenblende 24“ ein, während meiner 1. Londoner Zeit geschrieben: Eine autobiographische Bestandsaufnahme als 24-Jähriger. Eine Trilogie hätte daraus werden sollen – Zwischenblende 48 und Zwischenblende 72. Das wäre des Selbstbezugs zu viel gewesen. Man schreibt aus sich selbst heraus. Daraus erkenne ich immer wieder, dass ich mich in meiner Grundhaltung des Lebens gegenüber kaum verändert habe. Ich hoffe nur, dass ich dabei etwas wissender geworden bin, dank meiner angeborenen Neugier: Der Quellboden des Beobachters.
 
Was ist meine Grundhaltung? Für eine Aphorismen-Anthologie wurde ich vor einigen Tagen eingeladen, bis zu 30 meiner Aphorismen auszuwählen. Der Einfachheit halber habe ich sie allesamt, ihrer 900, als Gesamtübersicht dem Verleger zugestellt, mit der Bitte, die Auslese selbst zu treffen. In meinen Aphorismen findet sich meine Grundhaltung klipp und klar verankert.
 
Im Rückblick erkenne ich ebenfalls, wie viel wertvolle Lebenszeit und Kraft ich vergeudet habe. Ich habe Schimären (Trugbilder) in stürmischer Selbstüberschätzung verfolgt. Daraus ist ein Trümmerhaufen geworden. Aber das sollte ich anders sehen: Als Summe der Erfahrung oder als unentrinnbare Lektionen, die mir das Leben verabreicht hat.
 
Das liest sich alles wie ein Bekenntnis, abgestützt auf Erinnerungen, den guten und den schlechten. Das möge der geneigte Leser auf seine Weise nach- und mitempfinden.
 
Ja, es gibt noch viel anderes zu tun als Schreiben. Jetzt, wo sich die Natur kraftvoll entfaltet, drängt es mich, Naturnähe aufzusuchen. Das empfand ich gestern beim Spaziergang mit einem Freund aus der Schweiz rund um Wimbledon, mit einem Abstecher in den naturbelassenen „Wimbledon Common“ mit seinen vom Regen gesättigten Teichen, Birkenwäldchen, die erwachen, grün angehauchte Heidengewächse. Heisshungrig geworden, genossen wir nachher unser Curry im „Rajdoot“.
 
Noch viel mehr anderes könnte ich hier aufzählen, die mein Leben weiterhin bereichern werden. Ich freue mich darauf wie ein Kind, wie ich mich entbinde und mich in Neues einbinde, Neues, das mir vertraut zuwinkt und aufwartet.
 
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