Textatelier
BLOG vom: 21.01.2009

Skibetrieb auf weiss bedecktem Moos des Col des Mosses

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Von Moos war am 10.01.2009 auf der Hochmulde des Col des Mosses des Schnees wegen nichts zu sehen, es war eher eine Mousse aus Schnee. Doch einige Kerben in der weissen Decke deuteten an, dass darunter Gräben mit Bächlein sind, also Restbestände eines Hochmoors.
 
Wir waren auf der Rückreise nach dem Besuch im Rhonedelta am Ostende des Genfersees via das Walliser Weinstädtchen Aigle mit seinen Rebbergen hinauf neben der Grande Eau, einem der Rhone-Nebenflüsse, nach Ormont-Dessous (Distrikt Aigle) gefahren. Mit den terrassierten Rebbergen hörte auch der Nebel auf. Ein kleines Strassenstück war oberhalb des Gemeindeteils Le Sépey, dem Verwaltungszentrum von Ormont-Dessous, noch etwas vereist, und ein Toyota hatte sich in einer Kurve überschlagen, war mit arg verbeultem Dach im Schnee neben der Strasse gelandet und wurde soeben abtransportiert.
 
Im Prinzip ist die Fahrt über diesen gut ausgebauten Pass, die nördliche Fortsetzung des unteren Ormonttals, problemlos. Die Steigung erreicht maximal 10 %, und die Passhöhe ist auf 1445 m ü. M. – Sauerstoffdefizite sind dort oben also noch lange nicht zu erwarten. Die Passstrasse zwischen Aigle auf der einen und Château-d’Oex (Œx) im Pays d’Enhaut (Waadtländer Verwaltungseinheit) auf der anderen Seite ist 32 Kilometer lang. Das alpin-gebirgige Umfeld der Waadtländer Alpen präsentiert sich in grosser Schönheit. Im Westen rahmt der Mont d’Or (2175 Höhenmeter) den zuoberst abgeflachten, breiten Passübergang ein, und im Südosten übernimmt der Pic Chaussy (2351 m) diese Aufgabe. Im Nordosten sind die Hänge des 1879 m hohen Corne des Brenlaires.
 
In dieser geschützten, breiten Wanne, die nirgends bedrohlich wirkt, hat sich der Ferien- und Tourismusort Les Mosses entwickelt, der im Sommer Ausgangspunkt für herrliche Wanderungen ist. In 5 Stunden wäre man in Leysin und in 3 Stunden 15 Minuten in Les Diabletets. In der Nähe befindet sich seit 1969 der Lac de l’Hongrin (auf dem Boden der Gemeinden Châteaud’Oex und Ormont-Dessous), der von La Lécherette her zugänglich ist. Das Merkmal dieses in 4 zugespitzte Zipfel ausfransenden, 160 Hektaren bedeckenden Sees sind die 2 nebeneinander angeordneten Bogenstaumauern. Allerdings ist das Gebiet ein militärisches Sperrgebiet und unzugänglich, wenn dort übungshalber geschossen wird.
 
Bei strahlendem Sonnenschein haben wir eine kleine Wanderung durchs Gebiet unmittelbar westlich der Passstrasse unternommen, wo auf der 1-25 000-Karte „Les Mosses“ (Blatt 1265) ein Sumpfgebiet eingezeichnet ist. Dieses befindet sich auf einem Flysch- und Grundmoränengelände, also auf Ablagerungen von gebirgsbildenden Abläufen. Ein Pistenfahrzeug hatte in der Scheitelzone des Col des Mosses ein Netz von Winterwanderwegen, auch Schneeschuhpfade und Loipen für Langläufer angelegt; somit wurde auch an die Nicht-Skifahrer gedacht, die ihre Knochen ungebrochen durch den Winter retten wollen. An den Hängen dieser Espace Nordique sind viele châletartige Ferienhäuser, die manchmal zu ganzen, seitlich etwas verschobenen Reihen zusammengefügt sind. Auf der Passhöhe herrschte ein gewaltiges Skitreiben; gelegentlich sauste ein Motorschlitten („LYNX PRO YETI“) mit Raupen vorbei. Meine angetraute Bündnerin Eva, in Sachen Sportbegeisterung wesentlich weiter fortgeschritten als ich, belehrte mich dahingehend, dass die Skier nach Carvingmanier (Schnittschwung) in der letzten Zeit wesentlich kürzer geworden seien, die Kanten besser in den Schnee greifen und sich selbst solche Trottel wie ich damit auf den Pisten problemlos zurechtfinden würden. Ich glaubte ihr kein Wort, abgesehen vom Hinweis auf die taillierten Kurzskier, von denen riesige Bouquets beim Restaurant parkiert waren.
 
Skilifte zogen Menschen auf den Brettern wie auf einer Autobahn zwei- bis dreispurig in die Höhe, worauf diese Gestalten ohne Bremsen zwischen den wenigen Nadelbäumen oder Baumgruppen in kühnen Schwüngen wieder zur unteren Skiliftstation, ein Gewirr von Eisenstangen, Rohren und einer ausladenden Umlenkrolle, zurückrasten. Sie ergatterten nach kurzem Anstehen wieder einen Bügel und konnten ihre mechanisch erleichterte Sisyphusarbeit fortsetzten, allerdings nicht wie in der griechischen Mythologie im Schatten-, sondern im Sonnenreich. Wir brauchten hier keine Felsblöcke herumzurollen.
 
Wir Skilosen blieben in der Unterwelt beim Selbstbedienungsrestaurant „La Drosera“, in dessen Nähe sich eine ganze Caravaningstadt gebildet hatte, die in die Schneelandschaft hinein zu wachsen schien. Ich studierte eine Orientierungstafel, auf der zu lesen steht, auf den 42 km Langlauf- und Skatingpisten könne man aus 5 verschiedenen Wegen auswählen. Liebhaber der „Grossen Nordens“ sollten Pra Cornet nicht versäumen, wohin eine blau markierte Piste durch eine märchenhafte Landschaft führe. „Für die etwas anspruchsvolleren Langläufer empfehlen wir einen Ausflug auf den Mont Chevreuil. Die Aussicht auf die Hochebene und die Freiburger Voralpen ist grandios.“ Zudem wurde auf die 32 km markierten, gestampften Schneeschuhpfade, ebenso auf beleuchtete Langlaufpisten sowie auf ein natürliches Schlittschuhfeld hingewiesen – alles, was des Wintersportlers Herz im Herzen der Waadtländer Alpen erfreuen kann.
 
Am „Colline aux Enfants“ (Kinderhügel) mit Rutschgelegenheit schauten wir den Kindern zu, die sich, mit kurzen Skiern, wattierten Schutzanzügen (Rückenaufschrift: „Colorado Cruising“) und Helm („Alpina“, Uvex“) und Sonnenbrille ausgerüstet, auf einem orangefarbenen Förderband neben Thomy-Reklameschildern in die Höhe tragen liessen. Unter ihnen waren auch ganz kleine Menschlein, die offenbar das Skifahren schneller als das Gehen erlernt haben. „Siehst Du“, sagte Eva – „auch Du könntest das“, überschätzte mich Eva. Einige Eltern hielten ihren Skinachwuchs an der Leine.
 
Nach einem Blick zu den Dents du Midi erinnerte ich mich daran, dass nun Zeit zum Mittagessen sei. Wir fanden neben dem „Drosera“-Restaurant einen Platz an der Sonne und verzehrten eine Kalbsbratwurst zu Pommes frites, weil das hier das Standardmenu war. Im Menu fest inbegriffen waren 5 dl Coca Cola. Bei diesem zwangsweise verabreichten Getränk handelt es sich um ein bräunliches, zuckersüsses Getränk mit leicht säuerlicher Komponente und undefiniertem Kaffee-/Kolagoût, das mit Kohlensäure vollgepfercht ist. Seit Jahren haben wir uns so etwas nicht mehr einverleibt. Wir versuchten die Flaschen, auf denen wenigstens noch keine Obama-Bildchen aufgeklebt waren, auf unserem Tischchen hinter meiner Kamera etwas zu tarnen und tafelten in der Hoffnung, niemand würde uns erkennen. Alles ging gut. Die Anonymität schien gewahrt zu sein.
 
Frisch gestärkt und insgeheim rülpsend setzten wir den Heimweg gegen Norden via La Lécherette (300 Einwohner) fort, diesem Wintersportort auf dem Col des Mosses, und L’Etivaz, bestehend aus Bauernhäusern, alter Post und einem Hotel, wo ein berühmter Hartkäse produziert wird. In der Schlucht Le Pissot war es eisig kalt und die Strasse stellenweise noch etwas vereist. Ich fuhr vorsichtig, denn Autounfälle sind mir ebenso unsympathisch wie Skiunfälle.
 
Château-d’Oex lag verträumt am Sonnenhang – das offene, besonnte Pays d’Enhaut mit seinen Weiden, Wiesen und Wäldern ist ebenfalls ein Wintertipp. Nur die Ballone fehlten in der Luft. In diesem Mekka der Montgolfieren waren Bertrand Piccard und Brian Jones am 01.03.1999 zur ersten Weltumrundung im Ballon gestartet. Zwischen dem 24.01. und dem 01.02.2009 werden Ballone wieder massenweise in der Luft sein. Zu jeder Zeit, auch zur ballonfreien, zirkuliert die Montreux-Oberland-Bahn.
 
Statt über Bulle, Freiburg und Bern weiterzufahren, bog ich ins winterliche Saanenland ab, zumal ich Rougemont endlich genauer anschauen wollte. Es hat ein eigenes, garantiert cocafreies Blog verdient.
 
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