Textatelier
BLOG vom: 07.03.2008

Fingerzeige: Wenn unsere Hände Intimitäten verraten

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
In der gestrigen Zeitung bin ich auf eine Buchbesprechung gestossen, nämlich über „Das Finger Buch“ (The Finger Book) von John Manning. Daraus entnahm ich, dass Männer, deren Ringfinger länger als der Zeigefinger ist, ausgeprägt maskulin sind und einen entsprechend langen Penis haben. Potzteufel! Beschaue ich meine Finger, mein Ringfinger ist tatsächlich länger. Dabei lasse ich es bewenden.
 
Bei Frauen soll in der Regel der Zeigefinger länger sein, was sie zu guten Hausfrauen und Krankenschwestern prädestinieren. Ob kürzer oder länger, so äussert sich John Manning, werde dies bei Männern vom Hormon Testosteron beeinflusst, bei den Frauen vom Hormon Östrogen. Fortan werden Frauen wohl aufmerksamer auf männliche Ringfinger schauen, nehme ich an. Männer, die in dieser Beziehung zu kurz geraten sind, werden bald im Internet Wundermittel zur Verlängerung des Ringfingers finden. Vielleicht drosselt das wenigstens den Viagra-Rummel.
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Lasse ich hier das Fingerbuch fahren und widme mich den Fingerkuppen, die den Kriminologen Fingerabdrücke liefern und die auch auf den Wahlzetteln, anstelle der Unterschrift, gültig sind. Die DNA hat jetzt die Fingerabdrücke weitgehend verdrängt. Die Polizei in England schlägt neuerdings  vor, dass Kinder, kaum sind sie geboren, ins DNA-Register aufgenommen werden sollten. Auch soll kein einziger Erwachsener der DNA-Aufnahme entschlüpfen. Ein Pass oder Identitätskarte ohne DNA-Angabe ist ungültig. Mit diesem Unfug werden viele neue Arbeitsplätze geschaffen. Die DNA wird die Verstorbenen unauslöschbar verfolgen. Dabei wird vom Befürworter dieser neuen Technologie schlankwegs übersehen, wie leicht sich DNA verpflanzen lässt. Fremde Haare oder Kaugummi von der Strasse aufgelesen, kann vom Gauner am Tatort hinterlassen werden. Die Polizei wird irregeführt und erwischt Unschuldige. Fingerabdrücke sind weitaus zuverlässiger.
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Fingerübungen waren für mich besonders wichtig, als ich das Geigenspiel erlernte, zugegeben mit zweifelhaftem Erfolg. Ein verstauchter Finger verhunzte mir oft die beste Absicht – die Etuden mussten warten, bis der Schaden ausgeheilt war. Dummerweise zerquetschte ich mir vor wenigen Wochen bei der Gartenarbeit meinen rechten Zeigefinger, was an und für sich peinlich war, besonders auch, weil ich als Schreiberling auf diesen Zeigefinger angewiesen bin (siehe Blog vom 17.02.07). Dank des Hausarzts ist jetzt auch dieser Schaden behoben: Ich kann wieder mit 10 Fingern in die Tasten hauen.
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Hoch lobe ich den Tastsinn der Fingerbeeren. Wenn ich mich spät nachts, ohne Licht ins Bett schleiche, um meine Frau nicht zu wecken, streifen meine Fingerbeeren zuerst rechts der Kastenecke entlang, und strecke ich dann den Arm links zur Kante der Bettstatt aus, wo mich dann die Fingerbeeren den Weg ins Selbstvergessen weisen. Als Sammler von Kristall ertasten meine Fingerbeeren ohne Lupe leicht den geringsten Schaden rund um den Rand, genau dort, wo eine Kristallvase am anfälligsten ist. Streiche ich mir übers Kinn, weiss ich genau, auch ohne Spiegel, wann es Zeit zur Rasur ist. Blinde können dank des Tastsinns die Punktschrift Braille lesen. Auf das Fingerspitzengefühl ist also ‒ auch im übertragenen Sinn – Verlass.
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Hingegen ist beim Gebrauch der Fingersprache Vorsicht geboten. Den erhobenen Daumen aus der Faust kann ich allenfalls als Dankeszeichen hinnehmen, nicht so den erhobenen Mittelfinger … Die Italiener meinen damit „cornuto“. Dann bin ich versucht, mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe zu weisen. Damit ist keinem Trottel geholfen. Heute schüttle ich lieber mitleidig den Kopf. Schliesslich fährt man sicherer mit 2 Händen am Steuerrad.
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Der Volksmund hat viele Redensarten auf Finger gemünzt, wie „jemanden um den kleinen Finger wickeln“, „die Finger im Spiel haben“, „Finger weg!“ und „Aus den Fingern saugen“ usf.
 
Jetzt habe ich mehr als genug zum Thema aus den Fingern gesaugt und beende dieses Blog.
 
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