Textatelier
BLOG vom: 28.08.2006

Sonderbare Einkaufserlebnisse: Wer wühlt denn da im Salat?

Autor: Heinz Scholz
 
Schon in meinem Buch Richtig gut einkaufen – Die moderne Lebensmittelkunde für den Alltag“, das im Herbst 2005 im Verlag Textatelier com, Biberstein, erschienen ist, berichtete ich von einem Ärgernis der besonderen Art beim Einkaufen: Immer dort, wo Lebensmittel wie Salat, Obst und Gemüse offen herumliegen, wird gnadenlos herumgewühlt, bis das anscheinend beste Stück herausgefischt werden kann. Man kommt sich vor, wie an einem Wühltisch während des Schlussverkaufs.
 
Erst in diesen Tagen machte ich wiederum ähnliche Beobachtungen. Da suchte doch eine ältere Oma in einer Apfelkiste herum, bis sie Äpfel mit einem paradiesischen Aussehen ortete. Für die nachfolgenden Käufer blieben die unansehnlichsten Äpfel zurück. Aber sie können sich trösten, denn die verschorften oder mit sonstigen Flecken versehenen Äpfel schmecken vielleicht besser als die ultrareinen und gespritzten. Dafür werden jedoch Bakterien von der zweibeinigen „Wühlmaus“ kostenlos mitgeliefert. Wer ein robustes Immunsystem hat, dürfte diese Attacken wohl heil überstehen. Aber man weiss ja nie, welche gefährlichen Keime da herumschwirren. Besonders unappetitlich sind verschnupfte Verkäuferinnen, die alles angrabschen und auf die Waren niesen (das alles habe ich schon selbst beobachtet).
 
Auch Pfifferlinge werden aussortiert
Oder ein anderer Fall: Zurzeit gibt es in unseren Lebensmittelgeschäften jede Menge Pfifferlinge aus Litauen und Polen. In einem Frischmarkt sah ich eine junge Frau, wie sie aus einem Korb seelenruhig die Pfifferlinge aussuchte und in eine Tüte packte. Sie wühlte sich bis an den Grund des Korbes voran, um die ansehnlichsten Pilze herauszufischen. Kurz darauf bemerkte eine Frau, die dieses sonderbare Gebaren beobachtete, zu mir: „Man sollte so einer Wühlerin eine auf die Finger hauen.“
 
Auch den Chefs der Supermärkte ist dieses Verhalten ein Dorn im Auge. Sie haben Abhilfe geschaffen, um unerwünschte Bakterien fernzuhalten. Sie lassen jetzt immer mehr Produkte in Folien einschweissen. Der Kunde muss dann mit einem höheren Preis rechnen und das Plastik entsorgen. Auch merkt der Käufer erst zu Hause, ob sich eine Faule zwischen die Schönen eingeschmuggelt hat. Dies ist mir auch einmal bei Pfirsichen passiert. In einem Körbchen mit Pfirsichen, das mit einem Netz verschlossen war, entdeckte ich im trauten Heim eine mit einem herrlichen Pilzrasen versehene Frucht. Zum Glück waren die anderen noch unversehrt. Ich tröstete mich damit, dass Gespritzte wohl kaum einen so schönen Befall zeigen würden.
 
Etwas ganz Neues entdeckte ich kürzlich in meinem Frischmarkt. Da war in der Nähe der elektronischen Wage ein Behälter mit Plastikhandschuhen angebracht. Die sehr leichten und mit Luftlöchern versehenen Handschuhe sollte jeder Käufer anziehen, wenn er der Wühllust verfällt. Das ist eine gut gemeinte Idee. Ich habe jedoch noch niemand gesehen, der seine schmutzigen Hände mit Plastik einhüllt. Aber vielleicht hat sich das noch nicht herumgesprochen, dass es jetzt solche Handschuhe gibt.
 
Lustiges am Wurststand
Bei uns in Schopfheim kommt jeden Samstag ein Landmetzger, der in einem Verkaufswagen Wurst und Fleisch feilbietet. Die Waren sind sehr schmackhaft und stammen von Tieren aus artgerechter Tierhaltung. Wenn ich ab und zu dort einkaufe, ordne ich mich geduldig in eine Menschenschlange ein. Es ist immer ein Erlebnis, die Menschen dort zu beobachten und den einen oder anderen originellen Ausspruch aufzufangen. Da spitzen sich meine beiden journalistisch geschulten Ohren. Hier einige Erlebnisse:
 
Ein Ehepaar suchte Wurst heraus. Bevor jedoch der Verkäufer an seiner Schnibbelmaschine die Wurst schneiden wollte, sagte der Ehemann spitzbübisch grinsend: „Bitte ganz dünne Scheiben schneiden, heute bekommen wir Besuch.“ Tatsächlich täuschen mehr Scheiben eine grössere Menge Wurst vor, und diese muss dann eben reichen. Das werde ich mir merken ...
 
Ein Mann wollte unbedingt eine Krakauer ohne Kümmel haben. „Die gibt es woanders, aber die führen wir nicht“, entgegnete der Verkäufer. „Wir haben nur Kümmel mit Krakauer!“ Dann wurde noch bemerkt, dass der Kümmel gut für die Verdauung sei und man bei der originalen Krakauer auf diesen nicht verzichten könne. „Aber es gibt Leute, die keinen Kümmel mögen“, entgegnete die Ehefrau des Mannes spitz.
 
Ein freches Weibsbild, wie ich einmal sagen möchte, fiel mir auch einmal auf. Die mäkelte herum und meinte doch zum Verkäufer: „Die Schüblinge schmecken woanders viel besser. Das wollte ich einmal gesagt haben.“ Dann betonte sie noch, sie sei aber mit den anderen Wurstwaren sehr zufrieden.
 
Eine Beobachtung war mir nicht neu. Gerade die Dicksten unter den Schlangenstehern kaufen auch die grössten Fleisch- und fettesten Wurstmengen. Da wachsen die Wohlstandsbäuche wohl ins Unermessliche!
 
Kaufe nie unnütze Sachen
„Kaufe nie unnütze Sachen, weil sie billig sind“, sagte einst Thomas Jefferson, der 3. Präsident der USA. Recht hatte der Mann. So finden beispielsweise bei Aldi oder Lidl pro Woche 2 Mal Sonderverkäufe statt. Vieles, was da angeboten wird, ist wirklich unnütz. Aber weil die Produkte billig sind, wird gekauft, dass einem der Zaster nur so aus dem Geldbeutel schlüpft.
 
In meinem erwähnten Buch über das richtige Einkaufsverhalten gab ich auch Tipps, wie man sich vor übermässigen Geldausgaben schützen kann. So sollte man nicht hungrig einkaufen gehen; denn wer hungrig ist, wird den verführerischen Dingen in den Märkten mehr erliegen als ein Gesättigter.
 
Ein wichtiges Utensil ist der Einkaufszettel. Man sollte dann nur das kaufen, was auf diesem Zettel steht. Wer trotzdem häufig der Versuchung unterliegt (das ist mir auch schon gelegentlich passiert), der sollte vorsichtshalber einen Einkaufskorb mitnehmen und nicht den grossen Einkaufswagen benutzen.
 
Ein Einkaufszettel nützt jedoch nicht immer. Das erlebte kürzlich ein mir bekannter Mann, der sonst wegen seines Berufes nicht einkaufen gehen kann, sondern alles seiner fleissigen Hausfrau überlässt. Während seines Urlaubs wurde der besagte Mann mit einem Zettel zum Einkaufen geschickt. Die Frau sagte, alles zusammen würde wohl 20 Euro kosten.
 
Als der Mann nach dem Einkauf den Einkaufszettel seiner Frau zeigte, traf sie fast der Schlag. Er hatte Waren im Werte von 64 Euro gekauft. Er meinte, es seien so günstige Sonderangebote in den Regalen gewesen, dass er nicht vorbeigehen konnte. Es waren keine Lebensmittel, die ihn so anmachten, sondern Taschen und andere Utensilien, die er angeblich für das Geschäft benötigte. Nun will die Frau ihren Mann nicht mehr zum Einkaufen schicken.
 
Wenn die Frau ihm 20 Euro mitgegeben hätte, dann wäre wohl der Einkaufsrausch verflogen. Er bezahlte jedoch mit einer Bank-Card. Und eine solche Kreditkarte verführt ja zum Mehrkauf.
 
Stimmt der Preis?
Nachdem ich schon einige Male zu viel bezahlt hatte, passe ich jetzt wie ein Luchs auf und rechne die Preise der Waren im Kopf ungefähr zusammen oder vergleiche die eingetippten Beträge auf dem Display der elektronischen Kasse. Der Kassenzettel wird dann nochmals oberflächlich durchgesehen. Es kam auch schon vor, dass beim Lesen des Strichcodes an der Kasse der Betrag zweimal eingelesen wurde (wenn z. B. die Kassiererin das Produkt versehentlich zweimal kurz hintereinander über den Lesebereich strich).
 
Am 26. August 2006 kaufte ich auf dem Wochenmarkt in Schopfheim, der sehr beliebt ist, 2 Paprika, 1 Pfund Birnen und 1 Pfund Weintrauben ein. Als die Verkäuferin den Betrag von 10,56 Euro sagte, meinte ich nur: „Das kann nicht stimmen.“ Da wurde die Verkäuferin kurz blass, und es dämmerte ihr, dass sie den Betrag für Aprikosen, den ein Kunde vorher bezahlt hatte, in der elektronischen Kasse nicht gelöscht hatte. Meine Waren kosteten nun 3,76 Euro. Und so wurde mein Geldbeutel doch nicht so schnell leer.
 
„Augen auf beim Warenkauf!“, könnte man sagen. Oder: „Wer kauft, hat 100 Augen nötig, wer verkauft nur eines.“
 
Wüste Schlägerei im Einkaufsmarkt
Zum Glück habe ich solche Gewalttätigkeiten in unserer friedlichen Schopfheimer Einkaufswelt nicht erlebt. So las ich kürzlich in der „Badischen Zeitung“ von einer Schlägerei in einem Supermarkt. Dort hatte sich eine freche, uneinsichtige Frau in einer Schlange vor der Kasse vorgedrängt. Dann gab es zunächst eine heisse Diskussion, die dann wegen Erfolglosigkeit mit Fäusten weitergeführt wurde. Die herbeigerufene Polizei sorgte dann für ein Abflauen der „Kämpfe“.
 
Ab und zu bemerke ich Zeitgenossen, die angeblich keine Zeit haben und sich vordrängeln. Auch wenn die betreffende Person nur 1 oder 2 Waren in der Hand hält, kann sie doch höflich fragen, ob sie gleich an die Kasse gehen darf. Höflichkeit zahlt sich dann meistens aus, da die Ungeduldigen dann vorgelassen werden.
 
Trick an der Kasse
In meiner Anekdotensammlung entdeckte ich noch einige weitere Episoden.
 
Welche Tricks sich so mancher Käufer einfallen lässt, um kostenlos einkaufen zu können, geht nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut. Dazu ein Beispiel aus einem Schopfheimer Supermarkt. Als eine Frau, ein Kind und ein Mann mit jeweils einem Einkaufswagen an die Kasse fuhren, tippte die Kassiererin alles auf einen Bon. Die flinke Frau und ihr Sprössling räumten inzwischen die getippten Waren in die leeren Einkaufswagen. Als der wohl vorher abgelenkte Mann die Summe erfuhr, die er bezahlen sollte, meinte er, dies könne nicht stimmen.
 
„Doch, es stimmt, habe auch die Waren von Frau und Kind getippt“, entgegnete die fixe Kassiererin. Der Mann wurde kreidebleich und stammelte: „Die gehören gar nicht zu mir!"  Die beiden Trickser waren inzwischen verschwunden und der Mann kam ungewollt zu Kind und Frau.
Quelle: „Badische Zeitung“ vom 4. September 1999.
 
Kampf um Badeschlappen
Endlich Urlaub. Die Familie packt die Koffer, verstaut sie ins Auto und fährt gegen Süden. Dann fällt dem Haupt der Familie plötzlich ein, dass er keine Badeschlappen eingepackt hat. Er stoppt seine Fahrt in Lörrach, geht ins Kaufhaus Hertie, um Sandalen zu kaufen. An einem riesigen Wühlkorb versucht er, die richtigen zu finden. Er wühlt und wühlt, aber keine Nr. 43 ist zu sehen. Gegenüber grabscht ein Mann ebenfalls in den Berg von Sandalen. Er scheint fündig zu werden, denn er hält ein Paar mit der Grösse 43 in Händen. Dann wirft er sie wieder in den Behälter. Auf diesen Augenblick hat unser Urlauber nur gewartet. Er greift sich das Paar mit der gesuchten Grösse und will an die Kasse. Er wollte, denn sein Gegenüber hatte etwas dagegen. „Das sind meine Schlappen, geben Sie mir diese gefälligst wieder her“, meinte dieser aufgebracht. Als unser Urlauber diese nicht rausrücken wollte, gab sich der andere als Polizist in Zivil zu erkennen. Aber alles nützte nichts. „Sie haben die Schlappen ja schon wieder weggeworfen, nun gehören sie mir“, entgegnete unser Familienvater, ging zur Kasse und bezahlte. Als er die heiligen Hallen des Kaufhauses verliess, folgte ihm der Polizist unter lautem Palaver bis zur Strasse. Da verlor der Schlappen-Besitzer die Geduld und rief: „Nun halten Sie die Luft an, wenn Sie jetzt nicht gleich verschwinden, gehe ich zur Polizei.“ Als er dies hörte, suchte der hartnäckige Typ endlich das Weite.
 
Pfiffige Neunjährige
Früher besorgte ich für unser Baby entsprechende Nahrung in der Drogerie eines Einkaufszentrums in Biberach an der Riss (dort wohnten wir bis 1976). Die Verkäuferin tippte die Preise der einzelnen Posten in die Registrierkasse. Die Preise waren früher gut sichtbar auf der jeweiligen Packung angebracht. Ein kleines Mädchen, das daneben stand, überflog die Preise auf den Etiketten und sagte spontan: „ 10 Mark und 2 Pfennige!“ Die Verkäuferin liess sich nicht aus der Ruhe bringen und tippte die Zahlen weiter ein. Das Ergebnis war verblüffend. Die Kasse zeigte 9,92 an. Erst jetzt wurde die Dame etwas stutzig, blickte das Mädchen überlegen an, besann sich jedoch , und rechnete die Posten im Kopf zusammen. Es kamen tatsächlich 10,02 Mark heraus. Zähneknirschend musste die Verkäuferin dem kleinen Mädchen Recht geben. Stolz meinte dieses abschliessend: „Ich bin ja schon in der 3. Klasse – und kann rechnen.“
 
„Musfalle“ im Schuhgeschäft
Kommt doch kürzlich ein junger Mann aufgeregt mit einem Damenschuh an die Kasse eines Schuhmarkts in Schopfheim. „Im Schuh is a Musfalle“, meint der Kunde zur Kassiererin. Die blickt entgeistert und versteht nur Bahnhof. Dann wird der Mann deutlicher und meint, im Schuh stehe ein Nagel vor, und seine Frau habe sich beim Hineinschlüpfen gehörig zerkratzt. Die Verkäuferin entschuldigt sich und meinte nachher zu anderen Kunden, sie könne doch nicht jeden Schuh kontrollieren.
 
Kurz danach kommt eine Kundin mit einem Schuhkarton, in dem sich alte Kinderschuhe befanden. Da hat doch tatsächlich eine Mutter kostenlos eingekauft, die neuen mitgenommen und die alten in den Karton gesteckt. Kommentar der Verkäuferin: „Und das vor den Augen des Kindes. Hier werden Kinder schon zum Stehlen erzogen.“
*
Hatten auch Sie schon mal kuriose Erlebnisse beim Einkaufen? Über jeden Hinweis bzw. Kommentar ist der Autor dankbar.
 
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