Textatelier
BLOG vom: 02.03.2006

[1] Fasnacht 2006: Närrisches Treiben und Alkoholexzesse

Autor: Heinz Scholz
 
Nun ist die 5. Jahreszeit, wie die Fasnacht, der Fasching oder der Karneval genannt wird, endlich vorbei. Vorbei der Rummel, das Gegröle, die aufgesetzte Fröhlichkeit, das vermehrte Fremdgehen und die Alkoholexzesse.
 
Die Unterteilung während der Fasnachtszeit zwischen Männlein und Weiblein ist nicht mehr üblich. Man unterscheidet in der närrischen Zeit entweder Leute, die begeistert mitmachen und solche, die über die Tollerei nur den Kopf schütteln. Wie Niklas Arnegger in der „Badischen Zeitung“ vom 28. Februar 2006 berichtete, verstehen es die Fasnächtler nicht, dass es ein humorloses Leben ohne Häs, Bütt und Pappnasen gibt. Auf der anderen Seite flüchten die Anti-Fasnächtler in Urlaubsgebiete, die nicht von tanzenden und maskentragenden „Ungeheuern“ bevölkert werden. Sie können sich dann ja die Umzüge im Fernsehen anschauen – oder auch nicht.
 
Das närrische Gen
Laut einer Untersuchung an der Uniklinik Essen wissen wir jetzt genau, warum es begeisterte und weniger begeisterte Menschen gibt. „Entdeckung des Narrengens“, so berichtete der oben genannte Journalist in einer Schlagzeile. Schunkeln und Umzugsbilder verursachten bei den Pro-Fasnächtlern eine Aktivierung des Gehirnareals, das für Freude zuständig ist. Bei den Verächtern des Fastnachtstrubels, zu denen ich mich auch zähle, wird das Gehirnareal aktiviert, das für Verachtung zuständig ist.
 
Abschliessend bemerkte Niklas Arnegger: „Es steht also fest, wissenschaftlich astrein abgesichert: Wie überall mischen die Gene auch bei der Fasnacht mit. Ob wir sie lieben oder hassen, ist urhordlich verwurzelt, jedenfalls dem Hirn so eingebaut, dass dagegen nix zu machen ist.“
 
Leider ist es mit dem Fröhlichsein und dem Lachen bei den meisten am Aschermittwoch vorbei. Der Mediziner und Humorforscher Rolf D. Hirsch, Chefarzt an den Rheinischen Kliniken in Bonn, empfiehlt das Lachen nicht nur im Karneval. Jeden Tag sollte ein bisschen Karneval sein, da das Lachen die Glückshormone zum Strömen bringt. Auch wenn unser Alltag nicht so lustig ist, sollte man Dinge von der positiven Seite sehen und vieles mit Humor nehmen. Auch das Lesen von Witzbüchern und von lustigen Anekdoten, wie sie im Blogatelier immer wieder aufgetischt werden, und das Betrachten von Cartoons sind Dinge, um unsere Glückshormone auf Trab zu bringen. Diese Ratschläge wären auch etwas für die Verächter der Fasnacht. Fröhlich gestimmt sein kann man also (fast) immer, man braucht dazu keine kollektive Verordnung.
 
Negative Auswüchse durch Alkohol
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, von Samstag (25. Februar 2006) bis Mittwoch (1. März 2006) die umsäuselten Vorkommnisse näher zu betrachten: Beim Hemdglunkiball in Schpofheim D gab es eine Schlägerei zwischen 2 Männern, wobei einer verletzt wurde. Die Kampfhähne bekamen einen Platzverweis. Übermütige Festbesucher wuchteten in der Hauptstrasse Gullydeckel heraus. Ein Fahrer fuhr in das Loch. Als die Polizei den Autolenker überprüfte, rochen sie eine Fahne. Er konnte wegen des Alkoholkonsums nicht mehr stehen.
 
In einem anderen Fall geriet sich ein betrunkenes Ehepaar in die Haare. Der gewalttätige Ehemann kam dann in die Ausnüchterungszelle. Auch ein Radfahrer, der die ganze Hauptstrasse in Schopfheim benötigte, um vorwärts zu kommen, wurde aus dem Verkehr gezogen.
 
Auch in Liestal CH und in Basler Vororten gab es Suff und Prügel. Einige Beteiligte mussten in Krankenhäusern behandelt werden, andere wurden in Arrest genommen.
 
In Rheinfelden D kam ein 19-Jähriger stark betrunken nach Hause. Er verhielt sich aggressiv und musste von Familienmitgliedern so lange festgehalten werden, bis die Polizei eintraf. Ein 37-Jähriger, der in der Hertener Scheffelhalle zu tief ins Glas geschaut hatte und zu randalieren anfing, konnte nur mit Pfefferspray gebändigt werden. Er wurde nämlich beim Auftauchen der Ordnungshüter äusserst aggressiv. Ihm mussten Handschellen angelegt werden, und er durfte in der Ausnüchterungszelle den restlichen Abend verbringen.
 
In Rheinfelden demolierten betrunkene Jugendliche eine Telefonzelle und in Schopfheim eine beleuchtete Werbetafel, und in Zell-Mambach D wurde ein Auto erheblich beschädigt.
 
Biss ins Ohr und nackt im fremden Bett
In Bad Dürrheim (Schwarzwald-Baar-Kreis) kam es zu einem Streit zwischen 3 Narren. Der wohl Närrischte von allen biss einen Kontrahenten ins Ohr. Ob die Teile der Lauschmuschel wieder angenäht werden konnten, wurde nicht bekannt. Ich wusste bisher nicht, dass es beisswütige Narren gibt.
 
Im Thüringischen Sonneberg verirrte sich eine 22-jährige Karnevalistin in ein fremdes Haus. Als die Hausbewohner nach dem Klingeln die Tür öffneten, zog sich die junge Frau nackt aus und legte sich in ein Bett. Die herbeigerufenen Polizisten hatten etwas gegen die Nachtruhe der müden und alkholumsäuselten Frau und beförderten sie aus dem heimeligen Bett. Sie begleiteten die Frau dann 19 Hausnummern weiter in ihr eigenes Domizil.
 
Chaos herrschte im Canale Grande in Venedig. Eine betrunkene Italienerin klaute ein Wassertaxi und sauste im Zickzack durch die berühmte Wasserstrasse, prallte gegen Boote und Bootsstege. Nach einer atemberaubenden Verfolgungsjagd, bei der 4 Beamte leicht verletzt wurden, konnte die 20-Jährige gestoppt werden.
 
Und so könnte man die Beispiele ohne Ende weiterführen. Auch ausserhalb der Karnevalszeit sind Alkoholexzesse keine Seltenheit. Es vergeht kaum ein Tag, da keine Meldung über den Missbrauch von Alkohol in der Zeitung steht. Der spektakulärste Fall der letzten Zeit: Ein Pilot, der Urlauber von München nach Thailand fliegen sollte, entschloss sich umzukehren, weil ein Betrunkener im Flugzeug randalierte.
 
Das böse Erwachen nach dem Sex
Im RTL-Mittagsmagazin Punkt 12 wurde am Aschermittwoch, dem 1. März 2006, berichtet, dass in der Karnevalszeit und am Aschermittwoch die gynäkologischen Praxen gut gefüllt sind. Grund sind Frauen, die nach einem Sexabenteuer die „Pille danach“ wollen. Nach dem „One Night Stand“ mit einem wildfremden Mann wollen die Frauen partout kein Kind vom Sexpartner haben. Dank Alkohol war alles so lustig, aber das böse Erwachen kam am nächsten Tag. Eine Frau äusserte, ihr unbekannter Partner habe zwar ein Kondom benutzt, das aber geplatzt sei. Nun könne sie nur hoffen, dass sie kein Aids oder sonst irgend eine andere Krankheit bekomme.
An keinem anderen Fest gehen so viele wildfremde Menschen ins Bett. Das war mir schon vorher bekannt. Die aufgesetzte Fröhlichkeit und der enthemmende Alkohol dürften hier die Hauptgründe sein.
 
Nach Äusserungen einer Sprechstundenhilfe in einer gynäkologischen Praxis wird die „Pille danach“ in der Regel 2 Mal pro Woche verschrieben, an Fasnacht sind es 10 bis 15 Verordnungen.
 
Die „Pille danach“ ist jedoch nicht ohne ... Die Frauen müssen das kurze Vergnügen mit Schwindel, Erbrechen und Durchblutungsstörungen bezahlen.
 
Anhang: Wo beginnt die Sucht?
Das Frustsaufen oder Kampftrinken scheint keine Seltenheit zu sein. Erschreckend ist, dass in der heutigen Zeit sehr viele Jugendliche und auch immer mehr Frauen Alkohol konsumieren.
 
Ein überhöhter Alkoholkonsum (Alkoholmissbrauch) kann sich leicht und vielfach unmerklich zu einer Alkoholabhängigkeit entwickeln. Alkoholabhängigkeit besteht dann, wenn sich bei Entzug körperliches oder seelisches Missbehagen einstellt bzw. wenn nach erneutem Alkoholgenuss dieses Missbehagen vermindert oder aufgehoben wird.
 
Eine gesteigerte Form von Alkoholabhängigkeit ist der Alkoholismus (unkontrolliertes Trinken; der oder die Betroffene kann z. B. vor Eintritt des Vollrausches nicht aufhören; er oder sie ist nicht in der Lage, einen kontinuierlichen Alkoholkonsum aufzugeben).
 
Dazu noch ein Beispiel: Als vor Jahren in meinem Bekanntenkreis des Öfteren eine Frau zu Besuch kam, wünschte sie schon am Vormittag, Wein zu trinken. Als die Gastgeberin eine mögliche Sucht erkannte, stellte sie nur Mineralwasser hin. Beim nächsten Besuch brachte die Frau selbst eine Flasche Rotwein mit. Innerhalb kurzer Zeit wurde der Inhalt konsumiert.
 
In einem anderen Fall liess ein Alkoholiker Haus und Hof verwahrlosen. Da er sich lange nicht zu einer Alkoholentziehungskur entscheiden konnte, verliess ihn seine Frau mit den gemeinsamen Kindern. Inzwischen hat er schon mehrere Entziehungskuren hinter sich, da immer wieder Rückfälle eintraten.
 
Noch einige Fakten zum Alkoholkonsum. Jeder Durchschnitts-Deutsche trinkt 160 Liter alkoholische Getränke im Jahr. Das entspricht 10,7 Liter reinem Alkohol. Deutschland liegt im europäischen Vergleich an 4. Stelle. Trinkfreudiger sind nur noch die Luxemburger (Platz 1), Portugiesen (Platz 2) und Franzosen (Platz 3).
 
In einem weiteren Blog werde ich einige Anekdoten über Menschen, die nach Alkoholkonsum auffällig wurden, bringen.
 
Weiterführende Informationen
Karl, Josef: „Über den Alkohol und eine Volkskrankheit“, Naturheilpraxis, 2006-02.
 
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