Textatelier
BLOG vom: 24.02.2006

Gentechnik: Wie lange gibt es noch den reinen Honig?

Autor: Heinz Scholz
 
Die „liebliche Speise der Götter“, wie einst Homer den Honig pries, ist nicht nur ein Genuss für Leckermäuler, sondern eine leichtverdauliche, anregende Kost für gesunde und kranke Tage. Honig bekämpft mit seinen antibakteriellen Substanzen sogar „Killerbakterien“. Honig findet deshalb in Form von Auflagen bei infizierten Wunden und Geschwüren wieder seine Anwendung. Sogar bei Herpes labialis (Lippenherpes) erwies sich der Honig als effektive Arznei (mehrmals täglich Honig auftragen!). Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
 
Honig ist ferner ein Energiespender und zusammen mit Milch ein Schlummertrunk. Er schützt das Blut (unterbindet die Oxidation des Cholesterins) und entfaltet bei Husten und Heiserkeit eine lindernde Wirkung.
 
Honig ist bei uns sehr beliebt. 1,3 Kilogramm Honig vertilgen die Deutschen pro Kopf und Jahr. Nur 1/5 des Honigs stammen aus einheimischen Quellen, die überwiegende Menge kommt aus Argentinien, Brasilien und Mexiko, etwas weniger aus Osteuropa, Indien und Vietnam. Der chinesische Honig durfte bisher nicht in die EU eingeführt werden, weil dieser Antibiotika-Rückstände aufwies.
 
Öko-Test untersuchte kürzlich 20 Honigsorten aus Supermärkten, Discountern und Bio-Läden. 12 Honige erhielten das Gesamturteil „sehr gut“, 6 wurden mit „gut“ bewertet, und nur 2 erhielten ein „befriedigend“. Also durchwegs ein hervorragendes Ergebnis.
 
Aber bald dürfte die heile Welt des Honigs und der Biene vorbei sein, wenn sich die genmanipulierten Pflanzen weiterhin so rasant ausbreiten wie bisher. Die Bienen, die wichtige Aufgaben bei der Bestäubung vieler Wild- und Kulturpflanzen erfüllen, können nämlich nicht zwischen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und Blütenstaub von herkömmlichen Pflanzen unterscheiden.
 
Bei einer kürzlich einberufenen Versammlung der Imker von Schopfheim D brachten die Mitglieder zum Ausdruck, dass dann kaum noch von einem reinen Naturprodukt gesprochen werden könne. Sie sehen in der Haftungsfrage zu Gunsten der Gentechnik eine grosse Gefahr.
 
Die hiesigen Imker wurden jedoch vorerst beruhigt. Laut Landwirtschaftsamt Lörrach gibt es in Baden-Württemberg und im Elsass derzeit keine Versuchsfelder für gentechnisch veränderte Pflanzen. Auch die Pressestelle der ZG Raiffeisen e. G. in Karlsruhe streut „Beruhigungspillen“ aus: Die Zentralgenossenschaft handelt nicht mit gentechnisch verändertem Saatgut.
 
Blick nach Kanada
Die mächtigen Agro-Konzerne betonen immer wieder, dass man Gentech- und konventionelle Kulturen gut trennen könne. Dies ist laut Greenpeace nicht möglich. Als Beispiel führte diese Organisation die Verhältnisse in Kanada an. Dort haben Bienenzüchter erhebliche Schwierigkeiten naturreinen Honig zu gewinnen. In Kanada gibt es heute schon viele Felder mit Gentech-Pflanzen, und der Agro-Multi Monsanto kriegt den Hals nicht voll. Der Konzern will mit aller Macht Gen-Saatgut auf wesentlich mehr Feldern aussäen lassen.
 
Anne-Virginie Schmidt und Anicet Desrochers, die in Québec seit 5 Jahren eine Bio-Imkerei mit 800 Völkern betreiben und 5000 krankheitsresistente Königinnen pro Jahr züchten, sehen dieser Entwicklung mit gemischten Gefühlen entgegen. Ihre Arbeit wird durch die brachialen Methoden der Agro-Konzerne bedroht. Anicet weist laut Greenpeace darauf hin, dass es in ganz Nordamerika nur noch 5 Imkereien gibt, die zertifizierten Bio-Honig liefern können.
 
Um eine Vermischung der Pollen zu verhindern, müsste ein grosser Abstand zu den Gen-Feldern erfolgen. Die fleissigen Bienen fliegen nämlich beim Sammeln von Pollen viele Kilometer herum und wandern auch von Volk zu Volk. Viele Imker („Wanderimker“) gehen deshalb mit ihren Völkern in Gegenden, wo noch kein Gen-Anbau erfolgt und die Umwelt noch in Ordnung ist.
 
Bienen lieben gentechfreie Felder
Bienenspezialisten befürchten, dass auch die fleissige Honigproduzentin, also die Biene, durch den Gen-Pollen geschädigt wird. Es wird diskutiert, ob Bienen eventuell ihren Orientierungssinn verlieren könnten. Ein entsprechendes Forschungsprojekt, das dies klären sollte, wurde von der mächtigen Industrie abgewürgt. Anscheinend war kein Geld für solche Untersuchungen vorhanden.
 
Wie die Gentech-Kampagnerin bei Greenpeace Schweiz, Marianne Künzle, berichtet, scheinen Bienen Gen-Felder nicht so gern anzufliegen. Sie bevorzugen laut Forschungen gentechfreie Rapsfelder. Vermutet wird, dass die Gen-Felder häufiger mit Pestiziden bespritzt werden und dann die Ackerbeikräuter, die auch von Bienen aufgesucht werden, kaum noch dort wachsen. Solche Felder sind für die Pollensammler wohl weniger attraktiv.
 
Vor einiger Zeit war Anne-Virginie Schmidt und Anicet Descrochers zu Besuch in Rheinau CH bei Martin Ott von der Stiftung Fintan, die den grössten Biohof der Schweiz mit Saatgutzucht betreibt. In einem Vortrag sagte die Gentech-Gegnerin: „Wenn ich Ihnen einen Ratschlag geben darf: Machen Sie in der Schweiz nicht denselben Fehler, wie wir ihn in Kanada gemacht haben.“
 
Also Hände weg von gentechnisch veränderten Pflanzen!
 
Quellen
Künzle, Marianne: „Machen Sie nicht denselben Fehler wie wir“, Greenpeace, 2005-04.
Wenz, Jutta: „Wie lange ist Honig natürlich?“, „Badische Zeitung“ vom 01. Februar 2006.
Hinsch, Birgit: „Testbericht Honig“, Öko-Test, 2005-10.
 
Hinweise auf Bücher
Bitte beachten Sie zum Thema Gentech-Nahrung auch die Bücher „Richtig gut einkaufen" von Heinz Scholz und „Kontrapunkte zur Einheitswelt" von Walter Hess, Verlag Textatelier.com, CH-5023 Biberstein, beide 2005 erschienen.
 
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